Mit Beschluss vom 12.11.2019 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg der Beschwerde eines Absolventen des Berliner Staatsexamens teilweise stattgegeben und entschieden, dass dessen Zulassung zum Referendariat neu zu bescheiden sei (Az. 4 S 51/19). Gegenstand der Beschwerde war ein Beschluss des Verwaltungsgerichtes (VG) Berlin, in dem die Ablehnung der Zulassung durch das Kammergericht Berlin für rechtens erklärt wurde. Dieses hatte dem Bewerber die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst versagt und begründete dies mit einer rechtskräftigen Verurteilung des Bewerbers zu einer Jugendstrafe von insgesamt vier Jahren. Diese war zum Zeitpunkt der Bewerbung nur noch auf Bewährung ausgesetzt.
Streitentscheidende Norm war § 20 III Nr. 2 JAO. Nach dieser Bestimmung kann die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst versagt werden, wenn die Bewerber*in wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist.
In Anbetracht dessen war für das OVG die Rechtslage klar: Jugendstrafe ist nicht Freiheitsstrafe. Das ergäbe sich grammatikalisch aus der üblichen explizit unterscheidenden Verwendung der Begriffe Freiheitsstrafe und Jugendstrafe. Dies ließe sich auch teleologisch aus der Tatsache herleiten, dass Schutzzweck der Norm sei, die Justiz von Tätern „gravierender“ Straftaten freizuhalten. Dementgegen könnten aus „juveniler Unreife“ begangene Straftaten diesem Unrechtsgehalt nicht genügen. Indem das OVG dem Antragsteller nur einen Anspruch auf Neubescheidung gemäß § 123 I 2 VwGO zusprach, folgte es teilweise dem VG, das den Erlass der begehrten Regelungsanordnung abgelehnt hatte.
Aufsehenerregend war, dass besagter Student im offenen Vollzug ein Staatsexamen mit Prädikat erreichte – ein Leistungsambiente, welches dem Autor in Zeiten von selbstverordnetem Repetitorium und staatlich verordneter Ausgangssperre aufgrund der Corona-Pandemie schmerzlich plausibel erscheint. Fälle, in denen es um Vorstrafen und den Zugang zum Berufsstatus der Volljurist*in geht, sind stets von rechtspolitischer Bedeutung. In anderen Ländern gibt es Förderprogramme für Vorbestrafte, die Recht studieren wollen. Hierzulande riskiert man dagegen, das macht auch der an die Entscheidung angeschlossene verschärfende Reformentwurf des § 20 III Nr. 2 JAO deutlich, ein vorläufiges oder endgültiges Berufsverbot. Und dabei haben die wenigsten Volljurist*innen eine JVA jemals von innen erlebt, auch wenn sie beruflich Menschen dorthin befördern. Sozialverträglich ist das wohl kaum.