Heft 1 / 2002:
könnte besser sein
Sozialrecht
xxx

Lars Kroidl Zum ersten Artikel des Schwerpunkts Zur Rubrik Ausbildung Zur Rubrik Recht kurz Zum Sammelsurium Zur Rubrik Politische Justiz Zur BAKJ-Seite
Arbeitserlaubnisrecht - Ausgrenzung und Verwertung
Unter Berücksichtigung des Entwurfes zum Zuwanderungsgesetz
 

Wie das Ausländer- und Asylrecht sind auch die Voraussetzungen, unter denen MigrantInnen und Flüchtlinge in Deutschland arbeiten dürfen - das Arbeitserlaubnisrecht -, nur schwer zu erschließen. Dies liegt zum einen in der Gesetzestechnik selber begründet, die einheitliche Lebenszusammenhänge an unterschiedlichen Stellen regelt: Während das Ausländer- und Asylrecht in zwei systematisch nicht immer genau trennbaren Gesetzen - dem Ausländer- und dem Asylverfahrensgesetz (AuslG, AsylVfG) 1 - geregelt sind, findet sich das Arbeitserlaubnisrecht im 3. Buch des Sozialgesetzbuches, kurz: SGB III 2 , das die Arbeitsförderung betrifft.

Entsprechend muss in der Praxis jemand, der/die unter das Ausländergesetz fällt, um im Bundesgebiet zu arbeiten, in der Regel zweierlei erfüllen: 1. Eine Aufenthaltsgenehmigung nach dem AuslG muss vorliegen und zwar ohne die häufige Auflage "Erwerbstätigkeit nicht erlaubt" o. ä. 2. Erst wenn diese Auflage ggf. aus der Welt geschaffen ist, macht der Antrag auf Erteilung der erforderlichen Arbeitsgenehmigung beim nun zuständigen Arbeitsamt Sinn. Das eine Mal ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten, das andere Mal zu den Sozialgerichten gegeben.

Die zweite Widrigkeit ist die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitserlaubnisrechts in den §§ 284 ff. SGB III, denn unter dem Oberbegriff der Arbeitsgenehmigung wird die sogenannte arbeitsmarktabhängige Arbeitserlaubnis und die Arbeitsberechtigung unterschieden, deren Erteilung wiederum an die tatsächlich sieben unterschiedlichen ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel anknüpft. Dazu unten mehr. Um die Verwirrung komplett zu machen, werden die Regelungen des SGB III in einer Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV) z. T. erweitert, z. T. wieder eingeschränkt.

Die dritte Widrigkeit ist die kurze Halbwertszeit von allen Gesetzen, die mit Flüchtlingen und MigrantInnen zu tun haben. So galt bis 1998 noch § 19 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und die Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) mit den inhaltlich irreführenden Begriffen "besondere und allgemeine Arbeitserlaubnis", was bei der Lektüre älterer Rechtsprechung zu beachten ist. Erst dann kam das SGB III, dessen Arbeitserlaubnisvorschriften, wenn das sog. Zuwanderungsgesetz in Kraft tritt, nach dem jetzigen Entwurf (kurz: ZuwG-E) auch wieder Geschichte sein werden. 3 Dann soll - eine Vereinfachung - das erörterte doppelte Genehmigungsverfahren durch ein Zustimmungsverfahren ersetzt werden: Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung fallen in eins. Die Arbeitsverwaltung wird dann an der Entscheidung der Ausländerbehörde intern beteiligt. 4

Werden dadurch nicht auch die folgenden Betrachtungen Makulatur? Nein. Denn die praktischen Konsequenzen der derzeitigen Regelung werden für die Betroffenen ihrer Grundstruktur nach dieselben sein: je prekärer der aufenthaltsrechtliche Status, desto schwieriger die arbeitserlaubnisrechtlichen Voraussetzungen. Dem entspricht eine weitere Ökonomisierung der Migrationspolitik: Menschen, die durch das Raster der Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen fallen, aber nicht zurückgeschoben werden können, wird die Arbeitserlaubnis verwehrt. Andererseits soll nunmehr der sog. "hochqualifizierte Ausländer" (§ 19 Abs. 1 ZuwG-E) die einzige Person sein, die originär einen zeitlich und auch sonst unbeschränkten Aufenthaltstitel, eine sog. Niederlassungserlaubnis, erlangen kann. Bislang ist dies noch der/die Asylberechtigte nach Art. 16 a Grundgesetz (GG).

Arbeitserlaubnis als Menschenrecht

Arbeiten zu gehen ist Menschenrecht. Zwar spricht die Verfassung im Rahmen der Berufsfreiheit - Art. 12 GG - nur von einem Recht der Deutschen. Jedoch bereits in der Entwurfsphase des GG ging man im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates 1948/49 von einem Recht zu arbeiten auch für Nichtdeutsche aus. So bat Renner (KPD), im Grundrechtskatalog zu formulieren, "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht einschließlich des Rechtes auf Arbeit", und führte interessanter Weise zur Begründung aus: "[...] Es hat sich in den Exilländern herausgestellt, dass die aus den fremden Ländern kommenden Menschen, vor allen Dingen die Handwerker, sich sogar sehr förderlich eingeschaltet haben. Auf diese Weise sind in den Asylländern ganze Industrien entstanden. Die Frage, dass die politischen Flüchtlinge den Arbeitsmarkt belasten könnten, ist meines Erachtens absolut nicht existent [...]". 5 Der Zusatz wurde dann nicht aufgenommen, da man annahm, hier reiche bereits der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Art. 2 GG für den Flüchtling aus. Das Recht ist damit allerdings im Vergleich zum Recht deutscher Staatsbürger schwächer. 6 Ausdrücklich ist das Recht zu arbeiten z. B. in Art. 6 des Internationalen Paktes für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte aufgenommen worden, der in der Bundesrepublik einfachgesetzlich gilt.

SGB III - "Welcome to the jungle..."

Als dann die Massenarbeitslosigkeit kam, ist mit der - der Logik der Arbeitsgesellschaft entsprechenden - Notwendigkeit der Arbeitsförderung neben der Restriktion der Einwanderung das Recht zur Arbeit für Nichtdeutsche erheblich eingeschränkt worden.

Die §§ 284 ff. SGB III sehen zwar einen Anspruch unbeschränkt zu arbeiten für einige vor. Dies sind Asylberechtigte (§ 284 Abs. 1 Nr. 2 SGB III), Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ArGV) und sog. Deutschverheiratete (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ArGV). Sie haben einen Anspruch auf eine sogenannte Arbeitsberechtigung.

Eine sogenannte arbeitsmarktabhängige Arbeitserlaubnis greift im Gegensatz dazu bei Flüchtlingen im Asylverfahren und solchen mit Duldung, sowie beim Nachzug zum ausländischen Familienangehörigen. Diese Arbeitserlaubnis wird nur im Rahmen der "Deutsche-zuerst-Regelung" des § 285 Abs. 1 SGB III und unter Berücksichtigung einer einjährigen Arbeitssperre erteilt (§ 3 Nr. 1 und 2 ArGV; Ausnahme hiervon: Nachzug zum Ausländer mit unbefristeten Aufenthaltstitel). So gewährt nach Ablauf der Wartezeit das zuständige Arbeitsamt nur dann und dann nur eine auf eine bestimmte Arbeitsstelle beschränkte Arbeitserlaubnis, wenn "1. sich [...] nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt [...] nicht ergeben, 2. für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen [...] gleichgestellt sind, nicht zur Verfügung stehen [...]".

Für den angeführten Personenkreis ist diese Regelung auch im geplanten Zuwanderungsgesetz vorgesehen. Die dann vorgesehene Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit zur Gestattung der Erwerbstätigkeit als Teil der Aufenthaltserlaubnis erfolgt unter denselben Voraussetzungen wie im bisherigen § 285 Abs. 1 SGB III (§ 39 Abs. 2 und 3 ZuwG-E).

Zusammenfassend also gilt: eine Arbeitsgenehmigung gibt es nach geltendem Recht als Arbeitsberechtigung (=unbeschränkt) und als Arbeitserlaubnis (=Deutsche-zuerst/ arbeitsmarktabhängig). Im Entwurf zum Zuwanderungsgesetz entfällt die Erfordernis zur Arbeitsgenehmigung. Dafür wird die Erwerbstätigkeit in Anwendung von entsprechenden Regelungen durch Auflagen zur Aufenthaltserlaubnis verboten oder gestattet. Bürokratisch einfacher, ansonsten alter Wein in neuen Schläuchen.

Arbeit - Voraussetzung für die Statusverbesserung

Es ist die aufgezeigte Arbeitsmarktabhängigkeit der Arbeitserlaubnis, die ihre Erteilung schwer abschätzbar macht. Mindestens 10 % der Anträge auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis werden abgelehnt. Auch deshalb ist der Nichtdeutsche für potentielle Arbeitgeber als Arbeitskraft wenig attraktiv, und genau das ist gewollt. Damit wird den Betroffenen die Möglichkeit erschwert, über die geringen Zuwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hinauszukommen, den Familienunterhalt zu tragen und sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren.

Die Eigenvorsorge ist aber darüber hinaus im Ausländerrecht regelmäßig Voraussetzung für einen besseren Aufenthaltstitel. Das hat in der Praxis insbesondere im Rahmen der sog. Altfallregelungen beim Wechsel vom halblegalen Status der Duldung zu einer gesicherten Aufenthaltsgenehmigung zu einer "zirkulär anmutenden Verschränkung" 7 von aufenthalts- und arbeitsgenehmigungsrechtlichen Voraussetzungen geführt: Um vom Geduldeten zum Genehmigten zu avancieren, musste der/die Betroffene in einer Beschäftigung stehen. 8 Gerade dies war aber regelmäßig, da das Arbeitsamt negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme Deutscher durch den Arbeitgeber sah, mangels Arbeitserlaubnis nicht möglich. Zu lösen war dieses Problem nur über die Erteilung einer vom Arbeitsmarkt unabhängigen Arbeitsberechtigung, die ihrerseits aber wiederum den Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung zur Voraussetzung hätte, die der/die Betroffene ja noch nicht hatte, sondern gerade über die sog. Altfallregelung zu beantragen suchte. Im Ergebnis verlangten die Altfallregelungen eine Voraussetzung, deren Erfüllung erst durch die Anwendung der Altfallregelung möglich sein sollte. Ihr Ziel, langjährig Geduldete zu integrieren, sollte gleichsam schon als Vorbedingung erfüllt sein.

Die Rechtsprechung hat in eingeschränktem Umfang versucht, dieses Dilemma durch die Anwendung einer Härteregelung im Einzelfall zu lösen. So verhandelte das Sozialgericht Hannover im Jahr 2000 das einstweilige Rechtschutzbegehren eines seit 1990 geduldeten vietnamesischen Staatsangehörigen, dessen langjährige Tätigkeit in einer Backstube nunmehr durch die Nichtverlängerung seiner Arbeitserlaubnis aufgrund der Arbeitsmarktlage vereitelt wurde. 9 Zugunsten des Antragstellers entschied das Gericht, ihm sei aufgrund § 1 Abs. 2 ArGV eine Arbeitserlaubnis ausnahmsweise zu gewähren, da zu den sonstigen Umständen hinzutrete, dass nur mit Fortdauer der Erwerbstätigkeit im Jahr 2000 die Chance bestünde, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zu erfüllen.

Etwas anders gelagert ging es beim Sozialgericht Darmstadt im Jahr 1997 um einen türkischen Staatsangehörigen, der seit Asylantragstellung 1988 im Bundesgebiet lebte und geduldet worden war. 10 Er arbeitete mit Arbeitserlaubnis, hatte auch über § 30 Abs. 4 AuslG Aussicht auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbefugnis. Er strebte aber, da bereits 8 Jahre im Land, darüber hinaus eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 AuslG an. Wichtig war dies, da mit der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis der weitere Verbleib im Bundesgebiet sich vom humanitären Zweck löst und in Anbetracht des neuen Lebensmittelpunkts relativ gesichert ist. Der Punkt war, dass für die Erteilung der Besitz einer qualifizierten, vom Arbeitsmarkt unabhängigen Arbeitsberechtigung 11 im Sinne von § 286 SGB III Voraussetzung ist, die dem Antragsteller aufgrund seines Aufenthaltsstatus nicht gewährt wurde. Auch hier sprach das Gericht ihm über eine Härteregelung die beantragte Arbeitsgenehmigung angesichts der Aussicht auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu, zumal die Situation auch ansonsten mit der eines Asylberechtigten zu vergleichen sei.

Deutlich wird, dass Geduldeten - immerhin etwa 300.000 in Deutschland -, auch wenn ihr Lebensmittelpunkt in Deutschland liegt, eigene Integrationsanstrengungen verwehrt oder zumindest erheblich erschwert werden. Wird dies geradezu systemwidrig, bessert die Rechtsprechung im Einzelfall über Härteklauseln aus.

Im Zuwanderungsgesetz würde diese Problematik zum einen entschärft werden. Statt der Duldung soll der betroffenen Gruppe nunmehr die zweckgebundene Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (§ 26 ZuwG-E). 12 Doch auch hier bleibt die Verfestigung des Aufenthaltes von Arbeit und Arbeitserlaubnis abhängig, denn Voraussetzung für den Wechsel zur unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach sieben Jahren ist insbesondere 60 Monate Beitragszahlungen zur Rentenversicherung, also praktisch 5 Jahre Arbeit (vgl. §§ 26 Abs. 4, 9 Abs. 2 ZuwG-E). Während dieser Zeit wird aber gerade nur eine arbeitsmarktabhängige Arbeitserlaubnis gewährt.

Sozialrecht als Verwaltungsvollstreckungsrecht

Geduldete haben mit der bereits aufgezeigten Problematik zumindest eine Chance auf Ausübung einer Beschäftigung. Jedoch wird eine Arbeitsgenehmigung solchen Geduldeten gänzlich versagt, bei denen vermutet wird, sie hätten sich "in das Inland begeben, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen". Ohne Arbeitsgenehmigung stehen auch die da, bei denen "aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden" können. Typisches Beispiel etwa ist, dass der/die Betroffene unterlässt, für Passersatz zu sorgen, der für die Abschiebung Voraussetzung ist. Schließlich trifft die Genehmigungslosigkeit diejenigen, deren Abschiebung durch eine richterliche Anordnung ausgesetzt ist (§ 5 Nr. 5 und 6 ArGV). Hier geht es nun darum, den Betroffenen das Leben so schwer wie möglich zu machen. So ist das Arbeitsverbot in den ersten beiden Fällen eine konsequente Ergänzung zu § 1a Asylbewerberleistungsgesetz. Hiernach trifft diese Gruppe von Geduldeten die Einschränkung von staatlichen Leistungen auf das "unabweisbar gebotene". Diese schwammige Vorschrift führt in der Praxis zu einem kargen Dasein, das mit Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes schwerlich in Einklang zu bringen ist. Ausweglos für diejenigen, die in der besonderen Situation des Antragsverfahren, vor dem Hintergrund geschönter Lageberichte sowie durch das begrenzte Verständnis des Asylrechts in Hinblick auf den persönlichen (Stichwort: Drittstaatenregelung) und sachlichen (staatliche Verfolgung/ Begriff des Politischen) Schutzbereich durch das Raster des deutschen Asylverfahrens fallen.

Damit dient das Arbeitserlaubnisrecht keineswegs mehr dem vom SGB III vorgesehenen Gesetzeszweck der Arbeitsförderung. Vielmehr wird es zum Druckmittel, Flüchtlinge zur Ausreise zu drängen. Unter formellen Gesichtspunkten liegt die Frage nahe, ob der Gesetzgeber mit der Aufnahme solcher Regelungsinhalte nicht den Rahmen des Sozialrechts und seiner Gesetzeskompetenz verlassen hat.

Im Entwurf zum Zuwanderungsgesetz will man sich noch mehr auf die "Aufenthaltsbeendigung" des genannten Personenkreises "konzentrieren". 13 Die Duldung fällt weg und auch ein sonstiger Aufenthaltstitel wird nicht mehr gewährt (§ 25 Abs. 5 S. 2 ZuwG-E). Vielen Betroffenen wird damit der letzte Notanker genommen, einer Bedrohung im Herkunftsland zumindest zeitweise zu entgehen, ohne den Schritt in die Illegalität endgültig zu vollziehen.

Gewünschte Zuwanderung

Auch nach dem Anwerbestop 1973 war und ist über die sogenannte Arbeitsaufenthalteverordnung (AAV) in besonderen Berufssparten - Beispiel: Spezialitätenkoch - die Migration nach Deutschland zum Zwecke der Arbeit möglich. Doch achtet man entsprechend dem kulturdeutschen Wunschdenken, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei, peinlich darauf, dass während der Beschäftigungszeit keine Verfestigung des Aufenthalts entsteht. Rechtstechnisch erfolgt dies entweder durch die Bestimmung, dass die zum Zwecke der Arbeit erteilte Aufenthaltserlaubnis nur bis zu einer Gesamtdauer von drei Jahren erteilt oder verlängert werden darf (vgl. § 4 Abs. 4 AAV). Oder es wird eine sog. Aufenthaltsbewilligung erteilt, die zweckgebunden auch nach langjähriger Tätigkeit eine Rückkehr in das einstige Herkunftsland verlangt (vgl. §§ 2, 3 AAV).

Gleichsam als Teststrecke für die künftige Regelung des Zuwanderungsgesetzes ist im August 2000 der Arbeitsaufenthalt im Rahmen der berühmten "Computerinderdebatte" auf IT-ExpertInnen erweitert worden. Ähnlich wie bei den Köchen wurde die Aufenthaltserlaubnis in der aufgrund § 10 Abs. 2 AuslG erlassenen "Verordnung über Aufenthaltserlaubnisse für hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie" (IT-AV) auf maximal 5 Jahre beschränkt (§ 1 Abs. 2 IT-AV). Bei dieser Offenheit war die internationale IT-Elite dann auch nur mäßig begeistert vom Aufbruch "to the land of beer and sauerkraut". Von den bis zu 20.000 anvisierten Fachkräften kamen trotz des noch Anfang 2000 von der Wirtschaft angegebenen Bedarfs von 75.000 bis Mitte 2001 nur ca. 8.500. 14

Den Vorschlägen der Süßmuth-Kommission folgend soll die Arbeitsmigration nach dem bisherigen Entwurf des Zuwanderungsgesetzes berufsunspezifisch im Abschnitt 4 geregelt werden. Dabei ist eine gewisse Hierarchisierung vorgesehen. Während dem "besonders qualifizierten Ausländer" die Möglichkeit einer in arbeitserlaubnisrechtlicher Hinsicht unbeschränkten Niederlassungserlaubnis eröffnet werden soll, steht dem Mittelstand der Werktätigen dieser Welt - ausgewählt über ein Punktesystem - ein Pool an Arbeitsplätzen offen, für den kein Deutscher/EU-Bürger akquiriert werden konnte. Grundsätzlich nicht vorgesehen ist die Arbeitsmigration zur Wahrnehmung von Beschäftigungen, die keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzen (§ 39 Abs. 4 ZuwG-E). Die Regelungen des § 39 ZuwG-E sind allerdings so zu verstehen, dass den "Ausländern", die zu einem anderen Aufenthaltszweck als den der Arbeit nach Deutschland gewandert sind, insbesondere Flüchtlingen, die Erwerbstätigkeit im Sektor der niederigqualifizierten Arbeit weiterhin grundsätzlich offen steht. Die Erwünschtheit von MigrantInnenerwerbstätigkeit in diesem Sektor erfährt jedoch eine negative Wertung, was die Möglichkeit, erlaubt zu arbeiten, so steht zu befürchten, in der Praxis noch schwieriger machen könnte.

Ausgrenzung und Verwertung

Eins ist sicher, die stückweite Öffnung des Arbeitsmarktes für MigrantInnen hat nichts mit Antirassismus zu tun. So drückte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstags Stihl seine neue Großzügigkeit schon bei der IT-Debatte so aus: "Es ist mir gleichgültig, welcher Nationalität ein solcher Fachmann ist. Wenn er deutschen Firmen helfen kann, sich im Weltkonzert der neuen Technologien zu behaupten, dann ist er für mich höchst willkommen." 15 Wahrlich eine konsequente Synthese von Ausländer schlecht - Deutsche bereichern gut.

Der streng an wirtschaftlicher Verwertbarkeit der ausländischen Arbeitskraft ausgerichtete Maßstab für das Zuwanderungsgesetz führt zu einer Ab- und Neubewertung humanitärer Aufenthaltsgründe. Der Mensch im Asylverfahren wird in den Kategorien der Arbeitsmarktbelastung und Verwaltungskosten wahrgenommen.

Die Klage über das "Integrationsdefizit", das etwa im Bericht der Zuwanderungskommission bemängelt wird, 16 erscheint hier - einmal mehr - als hausgemacht. Auch die Vorgaben vermehrter Integration im Rahmen der Zuwanderungsgesetzgebung wird hieran nichts ändern. Denn die betroffene Gruppe der Flüchtlinge fällt nicht unter den "qualifizierten Zuwanderer" und "Migranten mit dauerhafter Aufenthaltsperspektive", sondern auf sie zielt die erweiterte Datenerfassung und effizientere Verwaltung zur "Rückführung" ab. 17

Was also tun? Wenn man die Abschaffung des Arbeitserlaubnisrechts und die faire Chance für alle hier Lebenden fordert, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, bleibt die Logik des Arbeitsmarktes. Auch ein neoliberaler Ökonom könnte geneigt sein, die positiven Effekte einer solchen Herstellung des Leistungsprinzips für den gesellschaftlichen Wohlstand herauszustellen. Das Recht, sich im Arbeitsverhältnis ausbeuten zu lassen, ist jedoch dem, der es hat, keine Wohltat, sondern unter den Bedingungen der kapitalistischen Gesellschaft existentiell notwendiges Übel, sozial Kriterium der Ein- und Ausschließung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger ist seine integrative Funktion.

Lars Kroidl, Berlin.

Anmerkungen

1 Abgedruckt im Sartorius I - Nr. 565, 567 und unter http://www.staat-modern.de/gesetze/uebersicht/index.html.
2 Auch unter http://www.staat-modern.de/gesetze/uebersicht/index.html; GK-AuslR, Bd. 4, VI-1 und Gagel, SGB III.
3 Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) v. 6.11.2001.
4 Vgl. die Begründung zum Zuwanderungsgesetz, S. 124.
5 Parlamentarischer Rat, Bd. 2 - Verhandlungen des Hauptausschusses, Bonn 1948/49, S. 582.
6 Dazu BVerfGE 78, 179 [198], s. auch Schauer FoR 2001, 123..
7 Geiger InfAuslR 2001, S. 142 (146).
8 Vgl. zuletzt den sog. Kosovo-Erlass der Innenministerkonferenz v. 12.07.2001, unter www.asyl-rlp.org/kosovo/010712_innenm.html.
9 SG Hannover InfAuslR 2001, S. 86 f.
10 SG Darmstadt InfAuslR 1998, S. 73 ff.
11 Damals nach altem Recht noch besondere Arbeitserlaubnis.
12 Vgl. die Begründung zu § 26, S. 166 des Zuwanderungsgesetz-Entwurfs.
13 Siehe Zuwanderungsgesetz-Entwurf S. 122.
14 Jeanette Goddar: "Inder bleiben Raritäten", taz-Berlin v. 30.7.2001, Seite 19 .
15 Laut Berliner Morgenpost v. 16.03.2000, http://morgenpost.berlin1.de/archiv2000/000316/titel/story42854.html.
16 Bericht der Zuwanderungskommission, S. 18.
17 Ebenda, S. 147 ff., 221.

Literatur

Bericht der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung": Zuwanderung gestalten - Integration fördern; unter http://www.bmi.bund.de/frameset/index.jsp (Bericht der Zuwanderungskommission).
Brunn, Bernd u.a.: Gemeinschaftskommentar zum Ausländerrecht - unter Berücksichtigung des Rechts der Ausländer in arbeitsrechtlicher, sozialrechtlicher, datenschutzrechtlicher, europarechtlicher und völkerrechtlicher Hinsicht, Losebl.-Ausg. - Bd. 4, Neuwied 1992.
Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 6.11.2001; unter http://www.bmi.bund.de/Anlage8476/Gesetzetnwurf_als_PDF-Download.pdf.
Gagel, Alexander: Sozialgesetzbuch III - Arbeitsförderung, Losebl.-Ausg. - Bd. 1 und 2, München 1999 (GK-AuslR)
Geiger, Udo: "Arbeitsgenehmigungsrecht - Aktuelle Entwicklung und Rechtsprechung", in: Informationsbrief Ausländerrecht (InfAuslR) 2001, S. 142.
Parlamentarischer Rat, Bd. 2 - Verhandlungen des Hauptausschusses, Bonn 1948-1949.