Alex Kratzin |
|
||||
Im Zweifel für den Angeklagten | Heft
1/2004 Europavisionen Ode an die Freude? Seite 33 |
||||
Monatelang verhandelte das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) im Verfahren
gegen den Marokkaner Abdelghani Mzoudi. Die Anklage lautete auf Beihilfe
zu tausendfachem Mord, Straferwartung: 15 Jahre. Im Näheverhältnis des
Angeklagten zu den mutmaßlichen Terror-Piloten des 11. September 2001
erblickte die Bundesanwaltschaft seine Beihilfehandlungen. Mzoudi habe
für andere GEZ oder Semesterbeiträge gezahlt und gegen das Meldegesetz
verstoßen. Seine Geisteshaltung sei antijüdisch, islamistisch-fundamentalistisch. Am 27. Verhandlungstag schien das Maß voll zu sein: Aus dem Faxgerät des OLG quoll frühmorgens ein Fax vom BKA. Der Angeklagte sei in die Planungen des 11. September nicht einbezogen gewesen, lautete die Botschaft des behördlichen Schreibens. Konsequenter Weise und zum Schrecken der Anklage nahm es der Vorsitzende zum Anlass, den Angeklagten sofort frei zu lassen, denn er sei der angeklagten Tat nicht mehr dringend verdächtig. Damit bleibt von der Anklage gegen Mzoudi kaum etwas übrig. Die Bundesanwaltschaft kann sich jetzt nur noch damit aus der Affäre ziehen, dass sie ungenügend informiert war. Effektive Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden sieht eigentlich anders aus. Alex Kratzin, Hamburg |