Tobias Lieber |
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Kopftuch gegen Kutte | Heft
1/2004 Europavisionen Ode an die Freude? Seite 32 |
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In seltener Zurückhaltung hat sich das Bundesverfassungsgericht mit seinem
Urteil vom 24. September 2003 (2 BvR 1436/02) geweigert zu entscheiden,
ob es muslimischen Lehrerinnen gestatten werden soll, im Unterricht ein
Kopftuch zu tragen. Zwar fehle im geltenden Schulgesetz des Landes Baden-Württemberg
eine tragfähige Grundlage für ein entsprechendes Verbot, jedoch stehe
es dem Landesgesetzgeber frei, diese Regelung zu schaffen, "etwa indem
er im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben das zulässige Maß religiöser
Bezüge in der Schule neu bestimmt." Die Klärung dieser Frage, an der für
manche der christliche Charakter Europas, für andere der säkulare oder
liberale Staat, für die Dritten schließlich die Emanzipation der Frau
hängt, wurde also dorthin verwiesen, wo sie hin gehört: In die politische
Auseinandersetzung. Ohne Berücksichtigung der individuellen religiösen Einstellungen sollen also alle Trägerinnen eines Kopftuchs in Sippenhaft genommen und zu potentiellen FundamentalistInnen abgestempelt werden. Weniger undifferenziert wird mit christlich motivierten Verhaltensweisen umgegangen. Vom Verbot religiöser Symbole werden nämlich "Darstellungen christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen" ausgenommen. Zur Begründung beruft sich die Landesregierung auf die christliche Verfassungstradition Baden-Württembergs. Damit werden die Vorgaben des Verfassungsgerichts ganz offensichtlich verfehlt. Dies hatte zwar die Tradition des jeweiligen Bundeslandes für ein relevantes Kriterium erklärt, gleichzeitig jedoch explizit darauf hingewiesen, dass ein an LehrerInnen gerichtetes Verbot, ihre Religionszugehörigkeit erkennbar zu machen, nur dann verfassungsgemäß sei, "wenn Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften dabei gleich behandelt werden". Tobias Lieber, Berlin |