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Schwerpunkt   Heft 2/2004
freie Leere
Bildung für den Wettbewerb

Seite 38
Bildung für den Wettbewerb  
 

Die Hochschullandschaft ist in Bewegung. Auf vielerlei Art und Weise wird versucht, die Lehr- und Forschungsanstalten besser zu machen. Doch welches "besser" ist gemeint, wenn dafür Studiengebühren und ihre Verwandten wie Studienkonten, Bildungsgutscheine etc. gefordert werden? Wo werden die Fortschritte gesehen, wenn Selbstverwaltungsgremien mit ihren zarten Ansätzen demokratischer Legitimation zugunsten von Hochschulräten und sonstigen externen Einrichtungen - intransparent besetzt mit so genannten Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft - an den Rand gedrängt werden? Welche Vorteile soll es bringen, wenn über die Ausgestaltung künftiger Bachelor- und Masterstudiengänge Akkreditierungsagenturen "wachen", bei denen es sich um nichts anderes als Wirtschaftsunternehmen handelt? Warum wird ein Studiengang "besser", wenn nur noch ein wesentlich geringerer Teil der Studierenden Master werden darf und das Bachelorstudium für die übrigen nur noch eine reduzierte Sparversion bisheriger Studiengänge ist?

Dabei geht es um einige Dinge sicherlich nicht: Um einen Eigenwert von Bildung, um Bildung als Menschenrecht, um Solidarität im Bildungswesen oder um das Gewinnen von Erkenntnissen, die keinen Marktwert haben. Statt dessen entwickelt sich ein Bildungsbetrieb, in dessen Mittelpunkt die Verwertung von Arbeitskraft auf einem - selbstverständlich deregulierten - Arbeitsmarkt steht. Als Mittel zu diesem Zweck dienen die angesprochenen Veränderungen, die dem Bildungssektor - zumeist blind - marktförmige Steuerungsmechanismen und Bewertungskonzepte überstülpen. Rückhalt findet diese Politik auch international. Impulse für die Entwicklung gehen vom europäischen Bologna-Prozess und von der Diskussion um die Öffnung der Märkte für Bildungsdienstleistungen nach dem GATS-Abkommen im Rahmen der WTO aus.

Doch über alledem dürfen zwei Dinge nicht vergessen werden: Zum einen ist der Hochschulbereich nur ein kleiner Teil des Bildungssektors. Die beschriebenen Probleme betreffen im Wesentlichen diejenigen, die es immerhin schon bis zur Hochschulzugangsberechtigung geschafft haben. Es dürfen auch diejenigen nicht vergessen werden, die schon in Elternhaus, Kindergarten oder Schule durch die Auswahl nach so genannter Leistung auf die Seite geschubst werden. Zum anderen muss sich linke und emanzipatorische Bildungspolitik auch darüber klar werden, was sinnvolle Konzepte von Bildung auszeichnet und welche Methoden es gibt, um auf einem wirklich besseren Bildungsweg ein paar Schritte voran zu kommen. Wir hoffen, in diesem Heft einige Denkanstöße dafür geben zu können.