Tobias Lieber |
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Todesstrafe: Mexiko vs. USA | Heft
3/2004 Dataismus - eine Gesellschaft überwacht sich selbst Seite 104 |
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Offenkundige Verstöße gegen das Völkerrecht finden sich genug in dieser
Welt, gerichtlich festgestellt werden sie selten. Die USA wurden nunmehr
jedoch bereits zum zweiten Mal vom Internationalen Gerichtshof (IGH) in
Den Haag wegen zahlreicher Verletzungen der Wiener Konsularrechtskonvention
von 1963 (WKRK) verurteilt. Wie schon bei dem auf einer Klage der Bundesrepublik
beruhenden Urteil von 2001 (Fall LaGrand) ging es um Todesurteile, die
von amerikanischen Gerichten gegen ausländische StaatsbürgerInnen verhängt
worden waren. Nach Art. 36 der WKRK sind die Behörden des Gastlandes im
Falle der Verhaftung eines fremden Staatsangehörigen verpflichtet, auf
dessen Wunsch hin die jeweilige konsularische Vertretung zu informieren,
dieser Kontakt zu dem Häftling zu ermöglichen und vor allem den/die BetroffeneN
von diesem Recht unverzüglich zu unterrichten. Für einen Teil der Betroffenen sind die Möglichkeiten innerstaatlicher Revision jedoch bereits erschöpft. So hatte etwa im Falle des 29-jährigen Osvaldo Torres das Berufungsgericht des Bundesstaates Oklahoma schon vor Verkündigung des IGH-Urteils und entgegen einer einstweiligen Anordnung des Gerichts in Den Haag den Hinrichtungstermin für den 18. Mai festgesetzt. Erst wenige Tage vor diesem Termin wurde das Todesurteil gegen Osvaldo Torres vom Gouverneur von Oklahoma im Gnadenwege auf eine lebenslange Haftstrafe reduziert. Der Gouverneur würdigte bei seiner Entscheidung insbesondere den Völkerrechtsverstoß der USA. Den Vorgaben des IGH-Urteils ist so aber noch nicht Genüge getan. Das Gericht hatte ausdrücklich festgestellt, dass Gnadenentscheidungen allein nicht ausreichen, um die erfolgten Rechtsverletzungen zu würdigen. Vielmehr seien Schuldspruch und Strafzumessung in einem erneuten gerichtlichen Verfahren unter Berücksichtigung des vorhergehenden Verfahrensfehlers zu überprüfen. Es bleibt abzuwarten, ob das amerikanische Rechtssystem sich in den übrigen 51 Fällen als fähig erweist, diese Vorgabe des IGH umzusetzen. Tobias Lieber, Berlin |