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Migration findet statt! Im Widerspruch zu diesem Faktum steht die europäische
und deutsche Migrations- und Asylpolitik. Sie verfolgt in erster Linie
die Bekämpfung von Flucht und Migration: Die Grenzen der EU werden hoch
gerüstet. Eine europäische Grenzschutzagentur wird errichtet. Transit-
und Herkunftsländer werden in die Flucht- und Migrationskontrolle einbezogen.
Die Fingerabdruck-Datei EURODAC soll die Prüfung von Asylanträgen effizienter
regeln. Dem gleichen Zweck dient auch die neue Visa-Verordnung mit nunmehr
130 visumpflichtigen Ländern. Der Beschluss der Asylverfahrensrichtlinie
zur Harmonisierung des europäischen Asylrechts weicht zwar in einigen
Punkten positiv von der rigiden deutschen Asylrechtslage ab, z.B. bei
der Drittstaatenregelung, dennoch bietet die Richtlinie zahlreiche Ansatzpunkte,
Asyl zu verhindern statt zu gewähren.
Trotz aller rechtlichen und tatsächlichen Beschränkungen gelingt MigrantInnen
der Eintritt, Verbleib und das Reisen in Europa. Denn die Gründe, die
Menschen zur Migration veranlassen, wie beispielsweise kriegerische Auseinandersetzung,
Armut und Gewalt, bestehen fort. Die Notwendigkeit, das Herkunftsland
zu verlassen, um sich in einem anderen Land eine Existenz aufzubauen,
wird dadurch nicht weniger dringend, dass die EU Migration erschwert und
Fluchtwege versperrt. Diese Strategien führen lediglich dazu, dass sich
MigrantInnen unter Menschen verachtenden und lebensgefährlichen Bedingungen
auf den Weg nach Europa machen müssen. Die Zahl derjenigen, die beim Versuch
der Einreise in die EU ums Leben kommen, wächst beständig. Jährlich sterben
mehrere hundert Menschen an den Außengrenzen der EU. Anstatt Menschen
in ausweglosen Situationen ein Zufluchtsort zu sein und den Verpflichtungen
aus der Genfer Flüchtlingskonvention nachzukommen, bedrohen die EU-Mitgliedsstaaten
selbst das Leben der Flüchtlinge.
Ist MigrantInnen der Weg in die EU geglückt, bleiben viele von ihnen weiterhin
Zielscheibe staatlicher Diskriminierungspolitik. Nur wenige MigrantInnen
erhalten von Anfang an unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. AsylbewerberInnen
wird in der BRD nur in seltenen Fällen Asyl gewährt. Sie dürfen erst nach
einem Jahr Sperrfrist und auch dann nur nachrangig arbeiten, bekommen
gegenüber der Sozialhilfe abgesenkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
und sind in ihrer Bewegungsfreiheit aufgrund der Residenzpflicht eingeschränkt.
Bei negativer Bescheidung ihres Antrags sind sie jederzeit von Abschiebung
bedroht. Ausreisepflichtige Personen können bei Fluchtgefahr in den Abschiebeknast
wandern. In einigen Bundesländern wurden bereits so genannte Ausreisezentren
eingerichtet, in denen Flüchtlinge und MigrantInnen, die aufgrund fehlender
Papiere nicht abgeschoben werden können, kaserniert werden, um sie zur
"freiwilligen" Ausreise zu bewegen. Insofern wundert es nicht, dass es
eine beträchtliche Anzahl von Menschen gibt, die sich dem staatlichen
Zugriff entziehen und in der "Illegalität" leben, ohne Garantie die jedem
Menschen innewohnenden Menschenrechte jederzeit wahrnehmen zu können.
Eine menschliche Migrationspolitik sieht anders aus...
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