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Vater sein oder nicht Vater sein   Heft 2/2005
mehr Theorie wagen
Ansätze der Rechtskritik

Seite 68
 
 

In zwei Urteilen vom 12. Januar 2005 (XII ZR 60/03 und XII ZR 227/03) entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass die Ergebnisse von heimlich durch zweifelnde Väter durchgeführten Vaterschaftstests nicht als Beweismittel vor Gericht zulässig sind. Zugleich wurde klar gestellt, dass heimliche Gentests auch nicht als Grundlage für Vaterschaftsanfechtungsklagen dienen können. Die heimlich durchgeführten Tests verstoßen nach Ansicht des BGH gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht und das Persönlichkeitsrecht der Kinder und unterliegen daher einem Beweisverwertungsverbot.
Anders als die beiden Urteile, die eine begrüßenswerte Klarstellung der Bedeutung von informationeller Selbstbestimmung bedeuten, stößt eine Ende 2004 bekannt gewordene Gesetzesinitiative von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries auf Kritik: Im Rahmen des geplanten Gendiagnostikgesetzes sollen sowohl Väter als auch Labors, die Gentests zur Vaterschaftsfeststellung ohne Einwilligung der betroffenen Kinder und Mütter durchführen, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe belegt werden. Damit soll nicht nur die Intimsphäre der betroffenen Kinder und Mütter geschützt, sondern vor allem das Geschäft mehr oder weniger seriöser Labors mit der Angst zweifelnder Väter eingedämmt werden. Im Gegenzug soll das Verfahren zur gerichtlichen Vaterschaftsanfechtung vereinfacht werden. Um Umgehungs-Tourismus in benachbarte Staaten zu verhindern, will Zypries sich zusätzlich für die Schaffung eines EU-einheitlichen Verbots heimlicher Vaterschaftstests einsetzen.
Vor allem DatenschützerInnen begrüßen Zypries' Initiative. Das für die Tests benutzte genetische Material offenbare intimste Daten und müsse wirksam geschützt werden. Sie fordern ein Verbot jeglicher Gentests ohne Wissen der Betroffenen, zumal die Tests mittlerweile ohne großen technischen und finanziellen Aufwand machbar sind. Wegen der damit verbundenen Missbrauchsgefahr sollen Tests ausnahmslos nur nach wirksamer Einwilligung der Betroffenen oder auf gerichtliche Anordnung durchgeführt werden dürfen.
KritikerInnen, auch aus den Reihen der Regierungskoalition, halten vor allem die Strafandrohung und die Bindung an die Einwilligung der Mutter für verfehlt. Hamburgs Justizsenator Roger Kusch (CDU) fordert dagegen sogar eine ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis heimlicher Vaterschaftstests - anders drohe zweifelnden Vätern eine "komplette Rechtsverweigerung". Angesichts der zunehmenden Kritik aus den eigenen Reihen bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form Zypries' Initiative tatsächlich Gesetz wird. Klar ist, dass auch ein Verbot heimlicher Gentests die solchen Fällen zugrunde liegenden zerstörten sozialen Verhältnisse nicht kitten kann.

Tanja Nitschke, Karlsruhe/Nürnberg