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Durch eine Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts aus dem März
2005 (Aktenzeichen 31 A 53.03) ist den ErbInnen der Kaufhausbetreiber-Familie
Wertheim ein Grundstück in Berlin Mitte bzw. der damit vom Bund beim Verkauf
erzielte Erlös von etwa 20 Mio. Euro zugesprochen worden. Auf dem Grundstück
an der Leipziger Straße hatte früher das berühmteste der Wertheim-Kaufhäuser
gestanden. In dem Rechtsstreit werden die ErbInnen durch die Jewish Claims
Conference vertreten.
Das Urteil hat Vorbildwirkung für weitere anstehende Entscheidungen über
eine Reihe von Grundstücken, die sich bis zur 1937 einsetzenden "Arisierung"
der Wertheim-Kaufhausgruppe im Eigentum von Gesellschaften der jüdischen
Familie Wertheim befanden. Der geschätzte Gesamtwert der betreffenden
Grundstücke beträgt ca. 450 Millionen Euro. Die bis zu 50 Grundstücke
befinden sich zum Teil ebenfalls in Bundeseigentum, wie z.B. eines, auf
dem die Bundestagsbibliothek errichtet wurde. Über eine Entschädigung
für dieses Grundstück wird außergerichtlich verhandelt. Ein wesentlicher
Teil der Grundstücke aber befindet bzw. befand sich bis zum zwischenzeitlichen
Verkauf im Eigentum der Karstadt-Quelle AG, da diese 1994 den Hertie-Konzern
übernommen hatte. Der ebenfalls aus einer "Arisierung" hervorgegangene
Hertie-Konzern hatte seinerseits 1951 die Wertheim-Gesellschaftsanteile
von den Begünstigten der Wertheim-"Arisierung" übernommen.
Um Entschädigungen in dreistelliger Millionenhöhe zu vermeiden, versucht
die Karstadt-Quelle AG, die Anerkennung der Ansprüche der ErbInnen der
Wertheim-Familie zu verhindern bzw. stattdessen die Übertragung der Grundstücke
an sich zu erreichen. Sie klagte - erfolglos - gegen den Bescheid des
Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, mit dem der Jewish Claims
Conference die Rechte an dem Grundstück an der Leipziger Straße zugesprochen
wurden. Die Karstadt-Quelle AG vertritt den Standpunkt, aufgrund des rechtsgeschäftlichen
Erwerbs der Wertheim-Anteile durch Hertie inzwischen selbst Rechtsnachfolgerin
der Wertheim-Kaufhausgruppe und damit rechtmäßige Eigentümerin dieses
und der weiteren Grundstücke zu sein.
Das Verwaltungsgericht hat aber entschieden, dass es nach dem Gesetz zur
Regelung offener Vermögensfragen nicht darauf ankomme, wer im Laufe der
Zeit die Anteile der von der "Arisierung" betroffenen Unternehmen erworben
habe. Stattdessen sei an das Schicksal des im Nationalsozialismus geschädigten
jüdischen Gesellschafters anzuknüpfen und diesem bzw. seinen ErbInnen
Wiedergutmachung zu gewähren. Die Karstadt-Quelle AG beharrt jedoch auf
ihrem Standpunkt und versucht, die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts
vor dem Bundesverwaltungsgericht anzugreifen.
Jan Gehrken, Hamburg
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