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Zuckerrohr gegen Zuckerrübe   Heft 3/2005
Hartz fear

Seite 103
 
 

Seit Jahren steht die EU unter Druck, ihre traditionell von Agrarprotektionismus und Präferenzsystemen geprägte Landwirtschaftspolitik WTO-konform zu gestalten. Nun geht es dem Zuckermarktregime an den Kragen. Erwartungsgemäß bestätigte das Streitschlichtungsorgan der WTO am 28. April 2005 im Berufungsverfahren seinen vorangegangenen Schiedsspruch. Danach verstoßen EU-Zuckerexporte teilweise gegen das geltende WTO-Agrarabkommen, da die EU insgesamt das Dreifache des dort erlaubten subventionierten Zuckers exportiert. Maßgeblich richtete sich die Entscheidung gegen die als nicht subventioniert deklarierten Export-Produktionsüberschüsse (sog. C-Zucker) der EU-Zuckermarktordnung. De facto werden sie aufgrund einer Mischkalkulation des EU-Binnenmarktzuckers quersubventioniert und können nur so von der EU zu Weltmarktpreisen angeboten werden. Die EU unterbietet damit wettbewerbsfähige Produzenten aus Übersee, wie die beschwerdeführenden Staaten Brasilien, Australien und Thailand - allesamt Zuckerrohrgroßproduzenten. Bereits im März hatte die WTO eine ähnliche Entscheidung gegen die USA wegen deren Baumwollsubventionen erlassen.
Zucker ist eines der wichtigsten Welthandelsprodukte, dessen Weltmarkt durch die Konkurrenz zwischen Rohr- und Rübenzucker geprägt ist. Im Nord-Süd-Konflikt spielt diese eine maßgebliche Rolle. Besonders deutlich wird dies am Beispiel des EU-Zuckermarktes, der durch einen hohen Zollschutz und garantierte EU-Binnenmarktpreise im Rahmen eines Quotensystems gekennzeichnet ist. Zuckerrohranbauenden aus Entwicklungsländern wird dadurch die Teilnahme am Freihandel erschwert. Einzig die von der EU aufgrund ihrer kolonialen Vergangenheit bevorzugten AKP-Staaten1 haben durch eine zeitlich beschränkte WTO-Ausnahmeregelung eine Abnahmegarantie zum EU-Binnenmarktpreis. Dagegen ist für die ärmsten Länder der Welt, auch in der "Alles-Außer-Waffen-Initiative", Zucker als "sensibles Produkt" vom quotenfreien Marktzugang bis 2009 ausdrücklich ausgenommen.
Oxfam und der WWF begrüßten ausdrücklich den Schiedsspruch der WTO gegen das Export-Dumping der EU. Sie hoffen, dass die Reform des EU-Zuckermarktes zu einer Senkung der Produktionsmenge in der EU und zu einem besseren Marktzugang für die ärmsten Länder der Welt führt. Verlieren könnten dabei die AKP-Staaten, wenn deren präferenzieller Zugang nunmehr wegfiele. Ihre WTO-Ausnahmeregelung jedenfalls läuft 2008 ab. Die europäische Rübenwirtschaft allerdings dürfte zu Recht ihre heimelige Existenz bedroht sehen. Zähne knirschend kündigte die Europäische Kommission aufgrund des Schiedsspruchs für Juni 2005 an, neue Vorschläge zur ausstehenden Reform der 2006 ohnehin auslaufenden Zuckermarktordnung vorzulegen.

Lydia-Kathrin Hesse, Dresden

1 Afrika, Karibik, Pazifik