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Medien und Meinungsmacht   Heft 1/2006
Medien und Meinungsmacht

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Die Freiheit von Presse, Rundfunk und Film aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes ist laut ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts "schlechthin konstituierend für die freiheitlich demokratische Grundordnung". In der Wirklichkeit setzen sich Überwachungen im Namen der "Inneren Sicherheit" oft gegen die Grundsätze des Redaktionsgeheimnisses oder des Informantenschutzes durch - Stichworte: Telekommunikationsüberwachung, Lauschangriffe, Redaktionsdurchsuchungen. Wie zuletzt bei so harmlosen Blättern wie "Cicero" demonstriert, ist in Deutschland weiterhin oberster Grundsatz, dass - wie vom BVerfG im SPIEGEL-Urteil formuliert (BVerfGE 20, 162 [220]) - "...hier den Erfordernissen des Staatsschutzes der Vorrang gebührt".

Die unauffälligere, aber vielleicht größere Freiheitsbedrohung stammt allerdings aus der bürgerlichen Gesellschaft. Denn die Medienlandschaft ist in den letzten Jahre geprägt von sinkenden Auflagen, wegbrechenden Anzeigen und einem wachsenden Einfluss der PR-Industrie, die vorgefertigte Mitteilungen platziert, bei denen die Grenze von Berichterstattung und Werbung oft nicht mehr existiert. Mit der "Krise des Qualitätsjournalismus" geht international eine nie gekannte Markt- und Machtkonzentration einher. Angesichts dieser und anderer "Sachzwänge" werden sich die überregionalen Printmedien in ihrer Begeisterung für neoliberale Gegenreformen immer ähnlicher. Neu ist dabei die Tendenz, vordergründig neutrale Berichterstattung privaten Meinungsmachern wie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft zu unterwerfen, deren Konzepte längst ganze Politikfelder prägen. Selbst wenn die Fusion von Springer und ProSiebenSat1 noch am Kartellamt scheitert, existiert in Deutschland mit dem Bertelsmann-Konzern bereits ein Mediengigant, der über die gleichnamige Stiftung massiv und erfolgreich Lobbyismus betreibt.
Das Fernsehen ist dominiert von Soaps, Talk-Shows und abstrusesten Reality-Formaten, bei denen Ehefrauen getauscht, Kinder "richtig" (also hart) erzogen und unappetitliche Unbekannte geheiratet werden. Die Würde der Beteiligten wird dabei an der Türe abgegeben.

Umso wichtiger sind Mittel und Wege für Information und politische Intervention jenseits der etablierten Medien, die an Profit oder Staatsräson orientiert sind. Perspektiven und Grenzen des Konzepts "Gegenöffentlichkeit" werden bei den basisdemokratisch organisierten unkommerziellen Freien Radios sichtbar. In diesen seit den 1970ern bestehenden Projekten sahen und sehen viele ebenso emanzipatorisches Potential wie heute im relativ anarchischen Internet. Ob die an Bedeutung gewinnenden "blogs" dabei Vorzeichen einer Kultur der "bottom-up"-Information sind, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: der vorherrschenden Meinungsmacht müssen kritische Stimmen engagiert entgegentreten.