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Die Mannschaft des Bundesübungsleiters Wolfgang Schäuble mühte sich redlich,
am Ende reichte es jedoch nicht für das Ziel, die Bundeswehr zur Fußballweltmeisterschaft
auch für Aufgaben im Inland einzusetzen. Von einer geschwächten Abwehr
kann indes nicht die Rede sein. Trotz Ausfalls des Luftsicherheitsgesetzes
soll die NATO den Luftraum während der WM mit AWACS-Maschinen überwachen
und die deutsche Luftwaffe ständig Kampfjets auf Abruf haben, um verdächtige
Flugzeuge abzufangen. Am Boden wird ein Rekord-Aufgebot an Polizei und
privaten Sicherheitsdiensten dafür Sorge tragen, dass die Spiele und Events
ungestört verlaufen können.
Im Umfeld der Fußball-WM wollen Polizei und Verfassungsschutz außerdem
mindestens 250 000 Menschen in einem "Akkreditierungsverfahren" auf ihre
Zuverlässigkeit überprüfen. Betroffen sind alle Personen, die Zutritt
zu den nicht öffentlichen Bereichen der Stadien erhalten, u.a. JournalistInnnen
oder Servicebedienstete. DatenschützerInnen sehen in dieser bisher wohl
einmaligen Massenüberprüfung einen in mehrerer Hinsicht unzulässigen Eingriff
in die Grundrechte der Betroffenen, insbesondere in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung, in die Freiheit der Presse und in die Berufsfreiheit,
weil einigen dadurch der Verlust ihres Arbeitsplatzes droht.
Während viele Begeisterte trotz dieser Hürden den FunktionärInnen der
schwerreichen FIFA unentgeltlich als Volunteers über vier Wochen zur Seite
stehen wollen, sichert der internationale Fußballverband seinen Umsatz
von über 2 Milliarden Euro aus Sponsorengeldern und Fanartikelverkauf
durch mit der Bundesrepublik vereinbarte Befreiungen von Steuer-, Zoll-
und Arbeitsrechtsbestimmungen. An den Ausgaben des Staates für die Stadien,
die Infrastruktur und vor allem die Sicherheit will man die FIFA nicht
beteiligen. Da bieten sich andere Quellen: Wer AnhängerIn außergewöhnlicher
Fanchoreographien oder der dritten Halbzeit ist, muss damit rechnen, als
Hooligan im Rahmen eines Schnellverfahrens verurteilt zu werden. Ein ausländischer
Fan, der "sein Gastrecht missbraucht" und eines der "15 fußballtypischen
Delikte" begeht, hat "angemessene Sicherheitsleistungen" in Höhe von bis
zu 1200 Euro zu hinterlegen.
Die Veranstaltung trägt den markenrechtlich geschützten Untertitel "Die
Welt zu Gast bei Freunden". So mancher Gast wird sich fragen, wie sich
das Ausrichterland erst benehmen wird, wenn sein Team leistungsgerecht
in der Vorrunde ausscheidet. Der englische Fußballverband hat bereits
eine böse Vorahnung: Er wies seine Supporter eindringlich an, keine Lieder
aus dem Zweiten Weltkrieg zu singen. Insbesondere der Song "Ten German
Bombers", der den Abschuss der deutschen Luftwaffe vor England thematisiert,
soll nicht angestimmt werden.
Stephen Rehmke, Hamburg
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