Heft 2 / 1999:
Zensur Macht Meinung
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Antje Welke
Nato-Intervention im Kosovo völkerrechtswidrig
 

Nachdem der Konflikt im Kosovo sich im letzten Jahr immer weiter zugespitzt hat, hat die Nato wiederholt mit Luftangriffen gedroht, um Friedensverhandlungen zu erzwingen. Diese Strategie ist, abgesehen von einer politischen Bewertung, auch völkerrechtlich problematisch. In Art. 2 Ziffer 4 der UN-Charta ist das grundsätzliche Verbot der Anwendung oder Androhung militärischer Gewalt normiert, solange die Angriffe nicht durch die Charta gerechtfertigt sind. Eine solche Rechtfertigung findet sich in Kapitel VII der Charta. Hiernach dürfen zur Friedenssicherung Angriffshandlungen angedroht bzw. durchgeführt werden, wenn der Sicherheitsrat einen Bruch oder eine Bedrohung des Friedens feststellt (Art. 39) und daraufhin Militäreinsätze anordnet (Art. 42). Bezüglich des Kosovo-Konflikts hat der Sicherheitsrat zwar eine dauernde Bedrohung des Friedens festgestellt, aber von einem Mandat für Militäreinsätze bisher abgesehen. Folglich war bereits die Androhung der Luftangriffe ein Verstoß gegen geltendes Völkerrecht.
Um die Existenz einer Völkerrechtsordnung aber nicht völlig zu leugnen und dennoch die erstrebten Drohgebärden durchführen zu können, wird folgende Lösung konstruiert:
Mit Hinweis auf die bedrohliche Situation im Kosovo wird ein Notstand erklärt, aufgrund dessen die Nato, zur Not auch ohne UN-Mandat, zum Handeln berechtigt sein soll. Mal unter dem Vorbehalt betrachtet, diese sog. "Peacekeeping-Missions" seien ein notwendiges und geeignetes Mittel, um Krieg zu vermeiden, so ist es dennoch absurd anzunehmen, die Nato habe eine der Uno übergeordnete berechtigte Notstandskompetenz. Es ist gerade Sinn und Zweck der Uno, im Sinne der Friedenssicherung Gewalt zu bannen, indem sie monopolisiert wird. Darüber hinaus ist die Nato als reines Verteidigungsbündnis wohl die denkbar schlechteste Instanz, um dieses Monopol zu brechen.
Es ist jedoch nichts Neues, daß die Nato und damit ihr Hauptakteur, die USA, das Gewaltverbot mißachten und so die Uno entmachten.
Neu ist jedoch, daß sich nun die Bundeswehr an diesen Kampfhandlungen beteiligt und auch die Grünen, spätestens seit ihrer Regierungsmitgliedschaft, ihre ehemals grundpazifistische Haltung aufgegeben haben. Eine Rückschau über das letzte Jahr zeigt, wie rasant sich dieser Wandel vollzogen hat. Noch im Wahlkampf forderten Grüne den Austritt aus der Nato, um nicht verpflichtet zu sein, sich an Kampfhandlungen beteiligen zu müssen. Kurz darauf erklärte die rot-grüne Regierung, es dürfe keine Kampfeinsätze ohne UN-Mandat geben und sie würde sich aktiv für den Erhalt des Gewaltmonopols der Uno einsetzen. Aber statt an dieser Absicht festzuhalten, ist sie nun uneingeschränkt zu Kampfhandlungen im Namen der Nato bereit.

Antje Welke, Köln

Quellen:

Resolutionen des Sicherheitsrates 1160 v. 31.03.1998, 1199 v. 23.09.1998 und 1203 v. 14.10.1998.