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Hat Ladendiebstahl etwas mit Terrorismus zu tun? Seit einiger Zeit ist
der Gesetzgeber offensichtlich dieser Ansicht und änderte vier Wochen
nach dem 11. September 2001 das Sicherheitsüberwachungsgesetz (SÜG). Nun
drohen Berufsverbote.
Das SÜG regelte bisher die Überprüfung von Personen, die Zugang zu geheimen
Dokumenten hatten, durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Nun wurde
der Anwendungsbereich auf weitere sicherheitsrelevante Tätigkeiten ausgedehnt.
Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn nicht rechtsstaatliche
Grundsätze missachtet worden wären.
Dies beginnt damit, dass das SÜG alle Einrichtungen betrifft, "die für
das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Beeinträchtigung
erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit Gefahren
für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen lassen würde". Was
damit gemeint ist bleibt unklar. Beispielsweise könnten Rundfunk- und
Fernsehsender einbezogen sein.
Die Prüfungen betreffen einen unverhältnismäßig großen Personenkreis.
Allein am Frankfurter Flughafen sind von den ungefähr 62.000 Bediensteten
fast 40.000 betroffen. Überprüft werden alle, die Inhaber einer sogenannten
Vorfeldberechtigung sind, vor allem also jene, die für die Flugzeugabfertigung
eingesetzt werden. Darüber hinaus werden auch die Ehe- und Lebenspartner
überprüft.
Ob ein Flughafenmitarbeiter die Sicherheitsanforderungen erfüllt, wird
der Luftverkehr-Zulässigkeitsüberprüfungsverordnung entnommen. Herangezogen
werden alle Straftaten der letzten zehn Jahre und über diesen Zeitraum
hinaus alle verfassungsfeindlichen Bestrebungen und "sonstigen Erkenntnisse".
Was "sonstige Erkenntnissen" sind, ist der prüfenden Dienststelle überlassen.
Sollten sie als nicht vertrauenswürdig erscheinen, wird den Betroffenen
die Vorfeldgenehmigung entzogen, was einem faktischen Berufsverbot gleichkommt.
Zwar ist dem Überprüften das Recht eingeräumt, sich zur Überprüfung zu
äußern. Dies wird ihm in der Regel aber nicht möglich sein, weil ihm die
Verdachtsmomente nicht mitgeteilt werden müssen, wenn sie als geheimhaltungsbedürftig
erscheinen. Diese Rechtlosstellung setzt sich bei der Überprüfung vor
den Verwaltungsgerichten fort: Das Verwaltungsgericht kann die Vorlage
der Erkenntnisse nicht erzwingen. Erst das Oberverwaltungsgericht kann
feststellen, ob die Verweigerung der Offenlegung rechtmäßig ist. Dies
geschieht gem. §99 VwGO im In-Camera-Verfahren, so dass dem Betroffenen
eine Stellungnahme zu den Vorwürfen weiterhin unmöglich gemacht wird.
Nur eines ist vielleicht tröstlich: Die Änderung des SÜG befristet ist
bis zum 11. Januar 2007.
Stephan Biendl, Ulm
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