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Jugendstrafrecht - Quo vadis?   Heft 1/2003
Szenen einer Ehe
Zum Verhältnis von Recht und Macht

Seite 31
   
 

Die mediale Vermarktung vereinzelter jugendlicher Intensivtäter in den letzten Jahren hat das Thema Jugendkriminalität in den Blick der Öffentlichkeit gerückt.
Schnell sind Parteien unterschiedlicher Couleurs mit "Wegschließen-für-Immer" und ähnlichen Parolen auf Stimmenfang gegangen, was die Frage aufwirft, ob das Jugendstrafrecht den Anforderungen der heutigen Zeit genügt.
Innerhalb der Juristenschaft gibt es seit Jahren sachorientierte Diskussionen über eine Reform des Jugendstrafrechts. Dabei zeigt sich Einigkeit über den Änderungsbedarf vor allem an der Kritik des im Jugendstrafrecht vorherrschenden Erziehungsgedankens; dieser legitimiert vielfach Eingriffe, die Jugendliche gegenüber Erwachsenen unsachgemäß benachteiligen, wie z.B. die Vorenthaltung von Vollzugslockerungen.

In der Diskussion wird von konservativen Stimmen die Angleichung an das Erwachsenenstrafrecht und eine härtere Bestrafung gefordert. Das soll durch die Abkehr vom Erziehungsgedanken und die Rückkehr zum reinen Tatschuldproportionalitätsprinzip erreicht werden. Die Absenkung der Strafmündigkeitsgrenze von bisher 14 auf 12 Jahre, der Ausschluss der 18- bis 21- Jährigen (Heranwachsenden) aus dem Anwendungsbereich des Jugendstrafrechts, die Anhebung der Höchststrafe auf 15 statt bisher 10 Jahre und der sogenannte Einstiegsarrest soll für abschreckendere, schärfere Sanktionsmöglichkeiten sorgen.
Im Gegensatz dazu wird vorgeschlagen, die 18- bis 21-Jährigen generell, die 21- bis 24-Jährigen fallweise nach Jugendstrafrecht zu beurteilen und alle JugendrichterInnen und JugendstaatsanwältInnen speziell auszubilden. Zudem soll es besondere prozessuale Beteiligungsformen für die Opfer, ein Jugendstrafvollzugsgesetzes und mehr Rechte für die jugendlichen Angeklagten geben.

Der 64. Deutsche Juristentag hat sich in diesem Jahr mit den Diskussionen rund um das Jugendstrafrecht befasst. Die Mehrheit dort hat sich gegen konservative Tendenzen ausgesprochen. Unter anderem wurde beschlossen, dass das Erziehungsziel in Zukunft nur solche Eingriffe legitimieren darf, die für die Befähigung zu künftigem Legalverhalten unbedingt notwendig sind. Die Heranwachsenden sollen generell nach Jugendstrafrecht beurteilt werden, das Verfahren durch die Möglichkeit einer Nebenklägerschaft und ein vereinfachtes Verfahren, sowie zusätzliche Fälle gesetzlich angeordneter Pflichtverteidigung verbessert werden. Daneben sprach man sich für die Schaffung eines Jugendstrafvollzugsgesetzes aus.
Das alles klingt vielversprechend.
Allein bleibt fraglich, ob nicht bei der Umsetzung der Verbesserungen, wie so oft, die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema zugunsten medienwirksamer Parolen auf der Strecke bleiben wird.

Dominik Kissler, München