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V-Mann bekommt Bewährungsstrafe   Heft 1/2003
Szenen einer Ehe
Zum Verhältnis von Recht und Macht

Seite 31
   
 

Das Urteil kam nicht überraschend: Am 12. Nov. wurde der enttarnte V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Toni S., vom Landgericht Berlin wegen Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Verwendung von Nazi-Symbolen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Der 28-Jährige war an Produktion und Vertrieb der rechtsextremen CD "Noten des Hasses", auf der u.a. zum Mord an Prominenten wie Rita Süssmuth, Michel Friedman und Alfred Biolek aufgerufen wird, beteiligt.
Toni S. galt seit Jahren über die lokale rechte Szene hinaus als Lieferant indizierter Nazi-Musik und war zudem Kontaktperson für die neonazistische Wanderjugend Gibor, eine Nachfolgegruppierung der verbotenen Wiking Jugend.
Für Aufregung sorgte das Gericht dadurch, dass es den Potsdamer Verfassungsschutz rügte. Es begründete sein mildes Urteil damit, dass sich S. in seinem Vorgehen durch den Verfassungsschutz geschützt und gedeckt gefühlt habe und Straftaten mit dessen Wissen und Duldung habe begehen können.
Erst nach Zusicherungen seines V-Mann-Führers habe er ein illegales Lager mit rechten CDs erheblich ausgebaut. Er sei von dem V-Mann-Führer, gegen den in Cottbus ein Verfahren läuft, vor Durchsuchungen der Polizei gewarnt worden und bekam auch einen "sauberen Computer".
"Der Verfassungsschutz war nicht berechtigt, Straftaten zu erlauben, auch nicht für integere Fernziele", sagte Vorsitzende Richter. Außerdem seien diese Ziele nicht erkennbar gewesen. Der Verfassungsschutz hätte die CD stoppen müssen, nachdem er von Toni S. über Konten und Vertriebswege informiert worden war.
Daher forderte er die Aufklärung der Aktivitäten des Verfassungsschutzes durch eine Parlamentarische Kontrollkommission.

Das brandenburgische Innenministerium wies jede Kritik zurück und bezeichnete das Urteil als "konsequent", da S. klare Anweisungen missachtet und sich durch eigenmächtige Aktionen strafbar gemacht habe. Dabei blieb offen, wie sich das Innenministerium die Strafmilderung des "konsequenten" Urteils erklärt.
Bis zum Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen wurde der V-Mann-Führer aus dem "operativen Dienst" entfernt.
Fraglich bleibt, inwiefern die Parlamentarische Kontrollkommission tatsächlich zur Aufarbeitung beitragen wird. Die SPD- und CDU- geführte Kommission hat bisher jede Kritik an Brandenburgs Verfassungsschutzchef zurückgewiesen. Nur aus den Reihen der PDS wird bislang vergeblich die vollständige Akteneinsicht gefordert.
Einmal mehr bestätigt sich, dass Nazis mit Hilfe staatlicher Behörden ungestört agieren und die Beteiligten von allen Seiten unbehelligt bleiben...

Beate Metz, Tessa Fuhrhop, Berlin