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Politische Justiz | Heft
1/2004 Europavisionen Ode an die Freude? Seite 34 |
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Aufgelöst §129a StGB. Der Paragraf 129a Strafgesetzbuch (StGB) gilt unter
Betroffenen wie StrafverteidigerInnen als regelrechter Ausforschungsparagraf.
Denn mit dem Anfangsverdacht auf Mitgliedschaft in einer "terroristischen
Vereinigung" eröffnet sich den Ermittlungsbehörden ein breites Arsenal
an gravierenden Sonderbefugnissen aus dem Strafverfahrensrecht. Dazu gehören
neben diversen nachrichtendienstlichen und polizeilichen Überwachungsmöglichkeiten
auch eingeschränkte Verteidigungsrechte. Die Ermittlungsnorm wird immer
wieder genutzt, um schlecht überschaubare, wenig festgefügte und politisch
verdächtige Szenen oder Gruppen zu durchleuchten. Auf Verurteilungen kommt
es dabei erst in zweiter Linie an: Weit über 90 % der 129a-Verfahren gegen
Linke, so ergeben regelmäßig kleine Anfragen im Bundestag, werden eingestellt.
Saubere Sächsische Schweiz Neonazis. Als nicht aufgelöst aber gleichwohl geläutert gilt offensichtlich die kriminelle Vereinigung (§ 129 StGB) der "Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS), die in den vergangenen Jahren mittels brutalen und teils lebensgefährlichen Terrors den Landkreis von MigrantInnen, DrogenkonsumentInnen und Linken "säubern" wollten. Die Skinheads, die auch vor Gericht nicht auf ihren gewohnten nationalen Dresscode verzichteten, erhielten Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Obgleich sich die Vorwürfe im vollen Umfang bestätigten, so die Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden, sprächen doch die lange Verfahrensdauer, die Geständnisse und nicht zuletzt die vorherigen Absprachen mit dem Gericht für ein mildes Urteil. Im Januar steht ein nächster Prozess gegen die Sachsenauswahl an. Deutschtum Nationalsozialismus. Seinen ausländischen Gefolgsleuten zeigte
sich Adolf Hitler dankbar, seiner "Rassenlehre" hingegen untreu, als er
im Mai 1943 in einem Erlass all jenen die deutsche Staatsangehörigkeit
zusprach, die in den besetzten Gebieten unter den nationalsozialistischen
Verbänden dienten. Darunter fiel auch eine Reihe niederländischer SS-Männer,
die mittels eines umfangreichen Spitzelsystems den holländischen Widerstand
bekämpften und die Erfassung und Deportation der untergetauchten jüdischen
Bevölkerung ermöglichten. Die Kollaborateure wurden von der niederländischen
Justiz in den Nachkriegsjahren als Kriegsverbrecher verurteilt. Einigen
gelang allerdings die Flucht nach Deutschland, wo sie vom Auslieferungsschutz
des Grundgesetzartikels 16 profitieren sollten. Die deutschen Gerichte
verweigerten entsprechende Rechtshilfeersuchen aus den Niederlanden mit
dem Hinweis, dass es sich bei den Geflohenen um korrekt eingebürgte Staatsangehörige
handele und eine Überstellung unzulässig sei. Sie seien "völlig im Deutschtum
aufgegangen" und somit "deutschstämmig im Sinne des Erlasses" des Führers.
Dabei ignorierten die Gerichte wohlweislich, dass der Alliierte Kontrollrat
1945 das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 aufgehoben hatte und damit
auch alle nachfolgenden Führererlasse. Die SS-Schergen blieben quasi auf
Führers Befehl deutsch und weit gehend straflos. Entlassen RAF. Am 9. Dezember ist Rolf Clemens Wagner frei gelassen worden, nachdem Bundespräsident Rau ihn begnadigt hatte. Wagner war seit 1979 und damit am längsten unter den ehemaligen Mitgliedern aus der RAF in Haft. Derzeit sitzen noch Eva Hauptmann, Birgit Hogefeld, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar in deutschen Gefängnissen ein. |