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Das Landgericht Düsseldorf hat am 22. Juli 2004 alle Angeklagten im Mannesmann-Prozess
vom Vorwurf der Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue freigesprochen. Im Mittelpunkt
des Verfahrens stand die Frage, ob sich die Aufsichtsratsmitglieder der
Mannesmann AG durch die Höhe der beschlossenen Abfindungen, Sonderzahlungen
und gewährten Pensionen strafbar gemacht haben. Grob umrissen ist der
Untreuetatbestand erfüllt, wenn jemand die Pflicht zur Wahrung fremder
Vermögensinteressen hat, diese verletzt und dabei ein Vermögensschaden
entsteht. Unstreitig ist, dass Aufsichtsrat und Vorstand gegenüber den
Aktionären einer Aktiengesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht haben.
Strittig war hingegen, ob durch die Bewilligung besagter Abfindungen in
Höhe von 56,6 Mio. Euro diese Vermögensbetreuungspflicht verletzt wurde.
Dazu ist § 87 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG) von Bedeutung, wonach Bezüge
in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Vorstandsmitglieder
und der Lage der Gesellschaft stehen müssen.
Obwohl das Gericht zu dem Ergebnis kam, dass mit der Gewährung der Gelder
die Angeklagten Ackermann, Funk und Zwickel gegen § 87 Abs. 1 AktG verstoßen
haben, verneinte es letztlich die Strafbarkeit. Das Gericht begründete
seine Entscheidung damit, dass der Untreuetatbestand eine gravierende
Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht erfordere, die Verletzung des
§ 87 Abs. 1 AktG aber keine solche sei. Dies ist schon fragwürdig. Im
Fall der Prämie an Funk bejahte das Gericht sogar eine gravierende Pflichtverletzung,
es kam jedoch zu keiner Verurteilung, weil die Angeklagten Ackermann und
Zwickel in einem die Schuld ausschließenden Verbotsirrtum handelten. Zwar
wehrte sich die kammervorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung
gegen den Vorwurf der Klassenjustiz, an diesem letzten Fall wird allerdings
das Bemühen um einen Freispruch sehr deutlich. Beim Vorliegen einer vorsätzlichen
und rechtswidrigen Tat schließt der unvermeidbare Verbotsirrtum eine Verurteilung
nur deshalb aus, weil der/die TäterIn den Unrechtsgehalt der Tat nicht
erkannt hat und nicht erkennen konnte. Diese Konstellation wird nur in
seltenen Fällen bejaht. Gerade im Mannesmann-Prozess ist es mehr als verwunderlich,
dass auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum erkannt wurde. Wollten doch
alle Beteiligten vor der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone sich
noch schnell ein Stückchen des Kuchens sichern. Solche Handlungen dienen
eindeutig der persönlichen Bereicherung. Bleibt nur festzustellen, dass
Untreue auf hohem Niveau nicht als strafwürdig gilt, sondern als "großartige
Leistungen" beim Verkauf eines Unternehmens und für den Wirtschaftsstandort
Deutschland. Wenn das keine Klassenjustiz ist, was dann?
Lena Dammann, Hamburg
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