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Durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28.
Juni 2004 ist wohl endgültig ausgeschlossen, dass die während des 2. Weltkrieges
in Deutschland zur Zwangsarbeit eingesetzten italienischen Militärinternierten
(so genannte "IMI") eine Entschädigung erhalten. Zwei der Betroffenen
haben in einem Musterverfahren mit ihren Verfassungsbeschwerden keinen
Erfolg gehabt.
Wie fast 600.000 weitere italienische Staatsangehörige waren beide
zunächst als Kriegsgefangene nach Deutschland deportiert worden und
wurden dort nach einiger Zeit als zivile Zwangsarbeiter deklariert. Der
Kriegsgefangenenstatus, der ihnen gewisse Schutzrechte gewährt hätte,
wurde ihnen völkerrechtswidrig verweigert. Die Behandlung dieser
Gruppe von Zwangsarbeitern war durch besonders zerstörerische Lebensbedingungen
gekennzeichnet, da die Italiener nach dem Sturz Mussolinis und dem Ausscheiden
Italiens aus dem Bündnis mit Nazideutschland 1943 als Verräter
angesehen wurden.
Vor dem BVerfG hatten die beiden ehemaligen Zwangsarbeiter versucht, die
Bedingungen dafür zu schaffen, dass ihnen nach 60 Jahren doch noch eine
gewisse Entschädigung für die erlittenen Qualen zugestanden werden kann.
Dazu wendeten sie sich gegen Bestimmungen des Gesetzes zur Errichtung
der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (Stiftungsgesetz),
denen zufolge Entschädigungen für NS-Unrecht einerseits nur noch nach
diesem Gesetz beantragt werden können und das andererseits eine Entschädigung
für Kriegsgefangene grundsätzlich ausschließt.
Viel zu oberflächlich hat sich das BVerfG mit dem weit gehenden Ausschluss
Kriegsgefangener von den Entschädigungsleistungen durch die Stiftung befasst.
Ablehnende Entscheidungen der Stiftung gegenüber den beiden italienischen
Zwangsarbeitern wurden Ende des Jahres 2003 vom Berliner Oberverwaltungsgericht
bestätigt. Wie schon befürchtet (vgl. Forum Recht 2004, 67) haben sich
auch die Gerichte der von einem Gutachten des Berliner Völkerrechtlers
Christian Tomuschat gestützten - haarsträubenden - Auffassung der Bundesregierung
angeschlossen, dass die "IMI" ihren Status als Kriegsgefangene - die völkerrechtlich
zu Arbeit herangezogen werden dürfen - zu keinem Zeitpunkt verloren haben,
obwohl sie faktisch nicht mehr als solche behandelt wurden.
Die dem zugrunde liegende scheinjuristische Argumentation hat nur das
Ziel, die relativ große Zahl von noch lebenden italienischen ZwangsarbeiterInnen
von den Stiftungsleistungen auszuschließen, um die Zahlungen nicht noch
mickriger aussehen zu lassen als ohnehin schon. Das BVerfG hat hiervon
in seiner Entscheidung keine Notiz genommen und damit den offensichtlich
ungerechten Zustand zementiert.
Jan Gehrken, Hamburg
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