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Neues im Fall Guantanamo   Heft 4/2004
unmenschlich -
Migrationspolitik

Seite 141
 
 

Seit der Errichtung des Gefangenenlagers auf Kuba im Januar 2002 haben die USA nicht nur Gefangene aus dem Afghanistan-Krieg in die dortigen Käfige verschleppt, sondern mutmaßliche Terroristen aus 42 Ländern in das berüchtigte Lager gebracht. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit wurden zwei weitere solcher Lager errichtet, und zwar auf dem im Indischen Ozean gelegenen Stützpunkt Diego Garcia und nahe der afghanischen Stadt Bagram. Während über diese Lager kaum berichtet wird und nahezu nichts über dort gefangen gehaltenen Personen bekannt ist, wurde im Laufe der Zeit immer mehr Erschreckendes über die Zustände auf Guantanamo bekannt, z.B. dass die Gefangenen sog. "weicher" Folter ausgesetzt werden (Schlafentzug, Verharren in anstrengenden Positionen, erniedrigende Behandlung), dass es sehr viele Selbstmordversuche gab und dass Minderjährige gefangen gehalten wurden. Vermutet wird auch, dass viele der Gefangenen nichts mit Al Quaida und den Taliban zu tun haben, sondern von Kopfgeldjägern unter falschen Behauptungen an die USA verkauft wurden. Am schlimmsten trifft die Gefangenen, dass sie völlig im Ungewissen über ihr eigenes Schicksal gelassen werden. Die USA bezeichnen die Gefangenen als illegale Kombattanten, die sich in einer rechtlosen Grauzone befinden, in der weder die Genfer Konventionen noch die Menschenrechte zu beachten sind.
Diese das Recht verhöhnenden Verhältnisse wurden von Angehörigen der Gefangenen angefochten und bis vor den US-Supreme Court gebracht. Dieser gab den KlägerInnen Recht und urteilte, dass Guantanamo der US-Gerichtsbarkeit unterliegt. Was zunächst wie ein Sieg des Rechtsstaates über die Willkür der Bush-Regierung aussah, hat sich als Pyrrhus-Sieg entpuppt. Als Reaktion auf das Urteil kündigte dies an, für jede/n Gefangene/n vor einer Militärkommission eine Haftprüfung durchzuführen. Faktisch ist dies eine nicht öffentliche Anhörung, in der die/der Gefangene sich ohne Rechtsbeistand äußern darf und selbst Beweise ihrer/seiner Unschuld vorbringen soll. Das Haftprüfungsverfahren entspricht nicht den Erfordernissen eines Rechtstaates. Es erfüllt weder die Voraussetzung der Prüfung des rechtlichen Status von Kriegsgefangenen gem. Art. 5 Abs. 3 Genfer Konvention, noch entspricht es den minimalen Garantien eines Inhaftierten gemäß Art. 9 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, beides von den USA ratifizierte Abkommen. Die Anwältinnen und Anwälte, die den Sieg vor dem Supreme Court errungen haben, müssen daher nun ganz von vorne anfangen, um die grundlegenden Rechtsgarantien eines fairen Strafverfahrens einzuklagen. Die noch inhaftierten Gefangenen blicken daher weiterhin in eine ungewisse Zukunft.

David Zechmeister, Hamburg