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Das Gesamtpaket der sog. Hartz-Reformen hat inzwischen den Druck auf
ArbeitnehmerInnen und Arbeitslose so stark erhöht, dass sich anscheinend
schon Angebote wie www.jobdumping.de lohnen. Während sich hier Arbeitssuchende
mit ihren Entgeltforderungen gegenseitig unterbieten können, beginnen
die ersten Teile dieses Gesetzgebungspakets nun die Gerichte zu beschäftigen.
Einer der ersten Stolpersteine ist ein Element des sog. Hartz I-Gesetzes.
Seit dem Inkrafttreten am 1. Juli 2003 gilt für ArbeitnehmerInnen in verschärfter
Weise die Pflicht, sich bei drohendem Arbeitsplatzverlust möglichst früh
arbeitssuchend zu melden. Die Meldung muss nun "unverzüglich" nach Kenntnis
des Beendigungszeitpunktes erfolgen. Wie im Zuge der Hartz-Reformen allgemein,
so ist auch diese Pflicht mit einer drakonischen Sanktion im Falle der
Nichtbeachtung verbunden: Je nach Höhe des Bemessungsentgelts werden den
säumigen EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld die Bezüge für jeden Tag
der verspäteten Meldung (bis höchstens 30 Tage) um 7,35 oder 50 € gemindert.
Das Sozialgericht Frankfurt/Oder hat bereits in einem Urteil vom 1. April
2004 (Az. S 7 AL 42/04) erklärt, dass es die Sanktionsvorschrift für verfassungswidrig
hält und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Gericht äußerte erhebliche Zweifel daran, dass die Regelung geeignet
sei, für eine schnellere Weitervermittlung von Arbeitssuchenden zu sorgen,
da dies unzutreffender Weise voraussetze, dass es auf dem Arbeitsmarkt
verfügbare Jobs gebe. Zudem sei die Sanktionsregelung überzogen, weil
sie den Versicherten in der Arbeitslosenversicherung ohne ausreichende
Rechtfertigung einen erheblichen Teil ihrer durch Beitragszahlung erworbenen
Versicherungsleistung entziehe, die immerhin durch das Eigentumsgrundrecht
des Artikels 14 Grundgesetz geschützt ist.
In einer weiteren Entscheidung zu der Regelung der Meldepflicht vom 24.
September 2004 (Az. S 8 AL 81/04) musste das Sozialgericht Aachen die
Arbeitsagenturen darüber aufklären, dass sie die Gesetze nicht einfach
nach ihrem Gutdünken zurechtbiegen können: Für befristet Beschäftigte,
bei denen das Beschäftigungsende von Anfang an feststeht, gilt nämlich
ebenfalls die Pflicht zur frühzeitigen Meldung, das Gesetz bestimmt jedoch,
dass die Meldung "frühestens" drei Monate vor Arbeitsende erfolgen soll.
Dies wurde von den Behörden so verstanden, dass die Meldung "genau" drei
Monate vor Beschäftigungsende erfolgen muss und anderenfalls die Sanktionierung
durch Minderung der Bezüge erfolgt. Das Sozialgericht Aachen erklärte
diese Praxis für rechtswidrig und konnte sich dabei auf die einleuchtende
Begründung stützen, dass "frühestens" eben weder "genau" noch "spätestens"
bedeutet.
Jan Gehrken, Hamburg
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