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Das neue Arbeitslosengeld II, Teil der Arbeitsmarktreform Hartz IV, bekommen
AntragstellerInnen nur, wenn sie ein 16 Seiten starkes Antragsformular
ausfüllen, mit dem hoch sensible Daten abgefragt werden. Darin müssen
sie nicht nur Angaben zu ihren eigenen Einkommens-, Vermögens-, Familien-,
und Wohnverhältnissen machen, sondern auch zu denen anderer Personen.
Die Fragen in den Antragsformularen sind häufig nicht eindeutig gestellt.
So werden AntragstellerInnen zu Angaben verleitet, die sie eigentlich
gar nicht machen müssen. Nun hat das Bundesverfassungsgericht wenigstens
eines klargestellt: Bloße MitbewohnerInnen sind weder Mitglieder einer
"Bedarfsgemeinschaft", noch einer "Haushaltsgemeinschaft". Über sie haben
die AntragstellerInnen also keine Angaben zu machen.
Deshalb hat das Gericht die Klage einer Frau abgewiesen, die zur Untermiete
bei einem Sozialhilfeempfänger wohnt (Az. 1 BvR 1962/04 vom 2.9.2004).
Als dieser Arbeitslosengeld II beantragte, verlangte der Träger der sogenannten
"Grundsicherung für Arbeit Suchende" ausführliche Angaben über seine Mitbewohnerin.
Diese sah daraufhin ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
verletzt. Die Karlsruher RichterInnen entschieden jedoch, dass der Antragsteller
keine Angaben über seine Mitbewohnerin machen müsse, da sie weder mit
ihm in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe ("Bedarfsgemeinschaft") noch
mit ihm verwandt oder verschwägert sei ("Haushaltsgemeinschaft").
Die AntragstellerInnen und ihre erwerbstätigen Angehörigen werden in den
Antragsformularen außerdem dazu aufgefordert, Verdienstbescheinigungen
von den jeweiligen ArbeitgeberInnen einzureichen. Grundsätzlich braucht
aber niemand seinem Arbeitgeber oder seiner Arbeitgeberin zu offenbaren,
dass er Arbeitslosengeld II beantragen muss oder mit einem Empfänger oder
einer Empfängerin von Arbeitslosengeld II zusammen lebt.
Dazu kommt, dass von den AntragstellerInnen verlangt wird, Name, Anschrift
und Bankverbindung ihres Vermieters oder ihrer Vermieterin anzugeben.
Eine Verpflichtung zu diesen Angaben besteht aber solange nicht, wie der
Antragsteller oder die Antragstellerin nicht ausdrücklich darin eingewilligt
hat, dass die Unterkunftskosten direkt an den Vermieter oder die Vermieterin
überwiesen werden.
Verschickt werden die Antragsformulare seit Juli 2004. Im August des selben
Jahres gab es eine Unterredung mit Peter Schaar, dem Bundesbeauftragten
für Datenschutz. Dessen datenschutzrechtliche Bedenken sah die Bundesagentur
für Arbeit weitgehend ein. Neue datenschutzgerechte Fragebögen wird es
aber erst ab Februar diesen Jahres geben.
Constanze Oehlrich, Berlin
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