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Sammelsurium   Heft 1/2005
Genethik -
Welches Wissen verträgt der Mensch?

Seite 33
 
 

Der EU-Verfassungsvertrag

begeistert manche: "Die FDP begrüßt, dass der vom Konvent vorgelegte Entwurf eines Verfassungsvertrages deutliche Fortschritte für die Entwicklung einer demokratischen, bürgernahen und transparenten Union bringt." Wer solche Sätze produziert, kann den Verfassungsentwurf noch nicht einmal quer gelesen haben. Zwei, die das anscheinend getan haben, berichten: "Europa soll eine Supermacht werden, und Europa wird eine Supermacht werden" (Kommisionspräsident Barroso). "Aus Artikel 40 der EU-Verfassung geht eindeutig hervor, dass es um den Ausbau ziviler und militärischer Mittel geht, die die EU befähigen sollen, ihre Rolle als Friedensmacht wahrnehmen zu können" (Claudia Roth). Im Internet findet sich der Verfassungsentwurf unter www.europa.eu.int/constitution. Eine umfassende Analyse des Verfassungsentwurfes aus kritischer Sicht bietet das Buch "Die europäische Konstitution des Neoliberalismus", herausgegeben vom Komitee für Grundrechte und Demokratie und dem RAV. (140 S.,10 €) Per email an info@grundrechtekomitee.de direkt bestellbar.
Ron Steinke

Antidiskriminierungsrecht

ist das Kampagnen- und Schwerpunktthema des Feministischen Rechtsinstituts für 2005. Zum Internationalen Frauentag findet die Podiumsdiskussion "Diskriminierung - nicht nur eine Frage von Geschlecht und Religion" statt. In der Ankündigung wird das Thema wie folgt umrissen: "Wie gehen politische AkteurInnen mit differenzierten Identitäten und multidimensionalen bzw. intersektionellen Diskriminierungen um? Wie verschränken sich gesellschaftliche Diskurse bei mehrfachen Diskriminierungen? Welche Rolle kann (Antidiskriminierungs-)Recht spielen?" Interessierte Frauen und Männer diskutieren mit - am 8. März 2005 um 19:00 in Hamburg (mehr Information unter www.feministisches-rechtsinstitut.de).

Als Täter

verschwinden die Deutschen in ihren Beschreibungen von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg. In seinem Buch "Vom Verschwinden der Täter. Der Vernichtungskrieg fand statt, aber keiner war dabei" (Aufbau-Verlag, 2004, 395 S., 22,90 €) untersucht der Historiker Hannes Heer, "Macher" der ersten "Wehrmachtsausstellung", die die Geschichte der BRD durchziehenden Versuche der Deutschen, sich zu Opfern des Krieges zu erklären. Im Vergleich zum etwa im "Historikerstreit" erreichten Stand des deutschen Selbstbildes beobachtet Heer in der jüngsten Vergangenheit herbe Rückschritte. Die zweite, entschärfte Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht bedeute bereits einen Deutungswandel, bei dem die Taten von Millionen ganz normaler Deutscher in Vergessenheit zu geraten drohen. Auch die jüngsten gezielten "Tabubrüche" beim Thema Vertreibung gehören in diesen Kontext. Die Relativierung des Holocaust durch seine Gleichsetzung mit der Bombardierung deutscher Städte, wie sie in und um Jörg Friedrichs "Der Brand" stattfand, nennt Heer beim Namen: Revisionismus.

Studiengebühren

rücken in Reichweite. Nach dem am 26. Januar verkündeten Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dürfen Gebühren nicht bundesweit per Hochschulrahmengesetz verboten werden. Mit zum Teil haarsträubender Begründung (BVerfG, 2 BvF 1/03 v. 26.1.05, siehe www.bverfg.de) legten die RichterInnen dar, warum ein Gebührenverbot zur Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse (Art.75 I, 72 II GG) nicht erforderlich sei, ebenso wenig wie die verpflichtende Einführung Verfasster Studierendenschaften. Die ersten Reaktionen in Politik und Presse, die größtenteils verschiedene Gebührenmodelle und die Gefahr "föderaler Kleinstaaterei" diskutierten, scheinen mit diesem Urteil auch gleich die Debatte um Rechtfertigung und Folgen von Studiengebühren für erledigt zu halten. Verdrehte Überschriften wie "Studiengebühren sind rechtens" ("Die Welt") dokumentieren: So sehr die RichterInnen auch betonten, dass sie weder über die Verfassungsmäßigkeit noch die politische Opportunität von Studiengebühren entschieden hätten, verpasst doch einmal mehr ein BVerfG-Urteil einer politischen Entscheidung durch seine vordergründige Neutralität einen Anschein von Richtigkeit und Legitimität, der die öffentliche Auseinandersetzung zu ersticken droht.

Proteste

gegen Studiengebühren planen die unmittelbar Betroffenen. Nach Vollversammlungen und spontanen Protesten am Tag der Urteilsverkündung sowie vier regionalen Großdemos am 3. Februar wurde von Seiten des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) eine Welle von Protest- und Streikaktionen für das Sommersemester angekündigt. Um in der auf Sparzwang gedrillten Öffentlichkeit nicht als bloße BesitzstandswahrerInnen abgestempelt und gegen Kindergartenkinder oder EmpfängerInnen von ALG II ausgespielt werden zu können, will der fzs (siehe www.fzs-online.org) die "Reformen" des Hochschulwesens als Teil der neoliberalen Sozial- und Bildungspolitik ausweisen und Bündnisse mit anderen Gruppen schmieden. Klar ist: Die Debatte um Bildung muss grundsätzlich geführt werden, nicht bloß innerhalb der Marktlogik (mit Argumenten à la "Bildung ist Deutschlands wichtigster Rohstoff"). Denn sonst akzeptiert man bereits die Verkürzung von Bildung auf eine "Investition in das eigene Humankapital".