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Das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) soll, so jedenfalls steht es in §
1, dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs dienen.
Dazu legt es in seinem umstrittenen § 14 Abs. 3 fest, dass die unmittelbare
Einwirkung mit Waffengewalt auf ein ziviles Luftfahrzeug durch die Streitkräfte
der Bundeswehr nur zulässig ist, wenn nach den Umständen davon ausgegangen
werden kann, dass das Flugzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt
werden soll. Erst nach einigem Zögern unterzeichnete Bundespräsident Horst
Köhler letztlich das Gesetz. Dieses Zögern ist darauf zurückzuführen,
dass es sich dabei in zweifacher Hinsicht um ein Novum handelt. Zum einen
wird der kriegerische Einsatz der Bundeswehr im Inneren zugelassen, zum
anderen soll erstmals die Tötung eines Nichtstörers - also eines unbeteiligten
Dritten - erlaubt werden.
Das bestehende Polizeirecht erlaubt in besonderen Konstellationen bereits
die Tötung eines Menschen, um das Leben eines anderen zu retten. Der nicht
unumstrittene so genannte "finale Rettungsschuss" richtet sich hierbei
jedoch gegen den Angreifer, um das Opfer aus einer lebensbedrohlichen
Lage zu befreien. Etwas deutlich anderes bedeutet jedoch der Abschuss
eines entführten Luftfahrzeugs. Hierbei werden die unbeteiligten InsassInnen
des Flugzeugs "geopfert", um Menschen am Boden zu retten. Es findet, um
es mit Köhlers Worten zu sagen "eine Abwägung von Leben gegen Leben" statt
und eine solche verbietet das Grundgesetz zu recht. Auch der Versuch der
Bundesregierung, die Rechtfertigung dadurch beizubringen, dass die Menschen
an Bord der Maschine in jedem Fall den Tod fänden, kann nicht überzeugen,
denn die Problematik einer jeden Prognoseentscheidung ist hinlänglich
bekannt, nicht zuletzt aus der erst kürzlich breit geführten Folterdebatte.
Der zweite umstrittene Aspekt des LuftSiG ist der wacklige Boden, auf
dem die Normen ruhen. Das Grundgesetz (GG) bestimmt in Art. 87a Abs. 2,
dass die Streitkräfte im Inneren nur eingesetzt werden dürfen, sofern
dies das GG eindeutig vorsieht. Solche Fälle sind die des Art. 35 Abs.
2 und 3 GG. Diese Ermächtigungen dienen der regionalen und überregionalen
Katastrophenhilfe, stellen jedoch - anders als das die Bundesregierung
sieht - keine Grundlage für die Ermächtigung der Streitkräfte zur Bekämpfung
von Terrorangriffen im Inneren dar. Nicht besser sind natürlich die Vorschläge
der Opposition, gleich verfassungsrechtlich die Eingriffsbefugnisse der
Bundeswehr auszudehnen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht einer Klage
gegen das LuftSiG stattgibt, damit die menschenunwürdige Regelung gekippt
und so eine weitere Aushöhlung der Grundrechte zu Gunsten einer vermeintlichen
Sicherheit vermieden wird.
Linus Viezens, Freiburg
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