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Luftsicherheitsgesetz in Kraft   Heft 2/2005
mehr Theorie wagen
Ansätze der Rechtskritik

Seite 69
 
 

Das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) soll, so jedenfalls steht es in § 1, dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs dienen. Dazu legt es in seinem umstrittenen § 14 Abs. 3 fest, dass die unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt auf ein ziviles Luftfahrzeug durch die Streitkräfte der Bundeswehr nur zulässig ist, wenn nach den Umständen davon ausgegangen werden kann, dass das Flugzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll. Erst nach einigem Zögern unterzeichnete Bundespräsident Horst Köhler letztlich das Gesetz. Dieses Zögern ist darauf zurückzuführen, dass es sich dabei in zweifacher Hinsicht um ein Novum handelt. Zum einen wird der kriegerische Einsatz der Bundeswehr im Inneren zugelassen, zum anderen soll erstmals die Tötung eines Nichtstörers - also eines unbeteiligten Dritten - erlaubt werden.
Das bestehende Polizeirecht erlaubt in besonderen Konstellationen bereits die Tötung eines Menschen, um das Leben eines anderen zu retten. Der nicht unumstrittene so genannte "finale Rettungsschuss" richtet sich hierbei jedoch gegen den Angreifer, um das Opfer aus einer lebensbedrohlichen Lage zu befreien. Etwas deutlich anderes bedeutet jedoch der Abschuss eines entführten Luftfahrzeugs. Hierbei werden die unbeteiligten InsassInnen des Flugzeugs "geopfert", um Menschen am Boden zu retten. Es findet, um es mit Köhlers Worten zu sagen "eine Abwägung von Leben gegen Leben" statt und eine solche verbietet das Grundgesetz zu recht. Auch der Versuch der Bundesregierung, die Rechtfertigung dadurch beizubringen, dass die Menschen an Bord der Maschine in jedem Fall den Tod fänden, kann nicht überzeugen, denn die Problematik einer jeden Prognoseentscheidung ist hinlänglich bekannt, nicht zuletzt aus der erst kürzlich breit geführten Folterdebatte.
Der zweite umstrittene Aspekt des LuftSiG ist der wacklige Boden, auf dem die Normen ruhen. Das Grundgesetz (GG) bestimmt in Art. 87a Abs. 2, dass die Streitkräfte im Inneren nur eingesetzt werden dürfen, sofern dies das GG eindeutig vorsieht. Solche Fälle sind die des Art. 35 Abs. 2 und 3 GG. Diese Ermächtigungen dienen der regionalen und überregionalen Katastrophenhilfe, stellen jedoch - anders als das die Bundesregierung sieht - keine Grundlage für die Ermächtigung der Streitkräfte zur Bekämpfung von Terrorangriffen im Inneren dar. Nicht besser sind natürlich die Vorschläge der Opposition, gleich verfassungsrechtlich die Eingriffsbefugnisse der Bundeswehr auszudehnen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht einer Klage gegen das LuftSiG stattgibt, damit die menschenunwürdige Regelung gekippt und so eine weitere Aushöhlung der Grundrechte zu Gunsten einer vermeintlichen Sicherheit vermieden wird.

Linus Viezens, Freiburg