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[S. auch die ergänzenden Informationen "Zum
Beispiel Irak - PMCs im Irak".]
Ihre Loyalität ist äußert fragwürdig, ihr Interesse an einer baldigen
Konfliktlösung läuft aus wirtschaftlichen Überlegungen gen Null. Private
Sicherheits- und Militärunternehmen schützen sowohl Staatsbedienstete
als auch Wirtschaftsunternehmen. Sie bilden Rebellen aus, kümmern sich
um Logistik und Waffensysteme, nehmen an Kampfhandlungen teil und geben
vor, zur Lösung von Konflikten beizutragen. Sie handeln dabei nach eigenen
Maßregeln. Ihr Selbstbewusstsein ist immens. Einer der größten privaten
Militärdienstleister Blackwater aus den USA hält sich für "the most comprehensive
professional military, law enforcement, security, peacekeeping, and stability
operations company in the world"2. Sowohl die völkerrechtliche Einordnung
als Kriegsakteure als auch eine mögliche internationale Regulierung oder
Kontrolle dieser Unternehmen sind bislang noch nicht geklärt.
Ein neuer Markt entsteht
Die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und die Verteidigung gegen
externe Bedrohungen ist nach traditionellem westlichem Verständnis eine
der ureigensten Aufgaben eines Staatswesens. Das Ende des "Kalten Krieges",
der Abbau von Militärpersonal und neokonservative sowie neoliberale Tendenzen
mit dem Ziel der Privatisierung führten jedoch zur Verlagerung von Verantwortlich-
und Zuständigkeiten. Ein prägendes Element der bewaffneten Konflikte der
jüngsten Zeit ist die Erweiterung des Kreises der am Konflikt beteiligten
Akteure. Spätestens seit dem 11. September 2001 boomt der Markt für private
Sicherheits- und Militärdienstleistungen.
Bereits 1989 wurde in Südafrika das Unternehmen Executive Outcomes (EO)
gegründet. Der erste große Auftrag kam von einer Ölgesellschaft in Angola.
Das Unternehmen half dabei, die von der Unabhängigkeitsbewegung Unita
besetzten Ölfelder von Soyo zurückzuerobern. Die angolanische Regierung
schloss daraufhin mit dem Unternehmen einen Vertrag über Training und
Ausrüstung der Armee, Planung von Militäroperationen etc. für 140 Mio.
US - Dollar ab. 1995 führte EO in Sierra Leone die Wende im Bürgerkrieg
herbei. Eine von ihr ausgebildete Eliteeinheit eroberte die Umgebung der
Hauptstadt und eines der wichtigsten Diamantenfelder zurück, fungierte
dann als Schutztruppe bei den Wahlen und machte sich zuletzt sogar um
"humanitäre" Einsätze verdient. Seitdem ist Afrika einer der häufigsten
Einsatzorte für derartige Unternehmen.
Die neuen Akteur
Diese Unternehmen werden überwiegend als Private Military Companies (PMCs)
und Private Security Companies (PSCs) bezeichnet. In erster Linie handelt
es sich bei ihnen um registrierte, oft transnationale Unternehmen. Sie
verfügen damit über eine eigene Rechtspersönlichkeit, welche wirtschaftlich
agiert und Dienstleistungen anbietet, für deren Ausführung sie Personal
anstellt. Außerdem haben sie einen festen MitarbeiterInnenstamm und agieren
in verschiedenen Geschäftszweigen. Sie geben sich seriös und gesetzestreu.
Sie sind hybride Geschöpfe, indem sie die Unterscheidung zwischen zivilem
und militärischem, privatem und öffentlichem Sektor verwischen3.
Die privaten Sicherheitsunternehmen (PSC) bieten eher defensive Leistungen
an, wie zum Beispiel den Schutz von Personen und Objekten oder den Verkauf
von Sicherheitstechnik. Inzwischen gibt es einen internationalen Markt
für Schutz- und Überwachungsdienstleistungen. Neben Südafrika und den
USA hat Israel weltweit die höchste Dichte an Sicherheitspersonal. Die
dortigen Marktführer Haschmira und Modi'in Ezrachi haben mehrere tausend
Beschäftigte. Die meisten Firmen werden von ehemaligen Angehörigen des
israelischen Militärs und der staatlichen Sicherheitsagenturen betrieben.
Die privaten Militärunternehmen (PMC) dagegen bieten offensive Leistungen
mit militärischen Elementen an. Dies kann sowohl das Training, die Ausbildung
als auch eine strategische Beratung im Hinblick auf Kampfeinsätze beinhalten.
Man kann sie grob in drei Gruppen einteilen4: es gibt PMC, die direkt
auf dem Schlachtfeld intervenieren und bewaffnet kämpfen, solche, die
Training und Militärberatung anbieten und solche, die Logistik, technische
Unterstützung und Transport regulärer und irregulärer Armeen bereitstellen.
Die Aktivitäten und Eigenschaften der einzelnen Unternehmen differieren
sehr stark. Selbst die Unterscheidung in PSC und PMC fällt oft schwer,
da sich Tätigkeiten überlappen und Grenzüberschreitungen an der Tagesordnung
sind. Blackwater USA bietet z.B. sowohl Personen- und Objektschutz als
auch "peacekeeping" und Trainings an.
Auftraggeber
Als Auftraggeber treten vor allem Staaten, Wirtschaftsunternehmen und
Internationale Organisationen auf. Die PSCs und PMCs profitieren bisher
noch zum Großteil von Aufträgen des eigenen Landes. Man geht davon aus,
dass die gesamte Branche derzeit 100 Milliarden US-Dollar weltweit umsetzt.
Rund 50 Länder haben bereits solche Firmen angestellt.
Schrumpfende Truppenstärken und die allgemeine Rationalisierung der Militärbudgets
führten vielerorts zu Umstrukturierungsmaßnahmen. Aus finanziellen Gründen
wurden dabei gewisse Sicherheitsaufgaben und militärische Zuarbeiten von
staatlicher Seite in private Hände gegeben.
Für einige Staaten spielen beim Outsourcing auch strategische Überlegungen
eine Rolle. Die USA führen gegen den Terrorismus weltweit einen Krieg
geringer Intensität (sog. low intensity warfare), der auf eigenständigen
strategischen und taktischen Zielen beruht. Das Delegieren von Einsätzen
an PMCs soll die regulären Streitkräfte von Missionen entlasten, die für
die nationale Sicherheit geringere Priorität haben. Davon abgesehen werden
die Todeslisten der us-amerikanischen Soldaten geschont.
Einige PMCs arbeiten auch für Rebellenbewegungen, überwiegend als Ausbilder.
Die meisten Firmen erklären jedoch offiziell, nur mit von den Vereinten
Nationen (VN) anerkannten Regierungen zusammenarbeiten zu wollen. Das
wachsende Sicherheitsbedürfnis der vielen Abgesandten von internationalen
Organisationen und Unternehmen in Krisengebieten verlangt ebenfalls nach
professionellem Schutz. Executive Outcomes führte z. B. in Sierra Leone
erfolgreich eine Rettungsaktion für Mitarbeiter der VN durch.
Der Schutz von Unternehmen ist seit einiger Zeit üblich und in manchen
instabilen Regionen sogar unablässlich. Er kann in Entwicklungsländern
stabile Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Entwicklung schaffen
und fördern oder eben "lästige" Übergriffe der einheimischen Bevölkerung
abwehren. So war u.a. das Erdölunternehmen Texaco in Kolumbien an der
Ermordung von Gewerkschaftlern beteiligt5.
In Deutschland wird Outsourcing auf militärischer Ebene noch sehr vorsichtig
betrieben. Bisher wurden nur Aufgaben im Bereich der Informationstechnologie,
Kleiderversorgung oder Gepäckkontrolle am Flughafen ausgelagert. Die Bundesregierung
erklärte kürzlich, dass aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols in Deutschland
hoheitliche Sicherheitsaufgaben nicht von Privaten wahrgenommen werden
könnten. Dies betreffe auch den Schutz der Würde und des Lebens von Deutschen
im Ausland.
Einsatzgebiete
Die PMCs und PSCs decken regelmäßig ein sehr breites Aufgabenspektrum
ab. Die wichtigsten Unternehmen haben inzwischen Tochterunternehmen gegründet
und erfassen damit jegliche Bereiche von Sicherheitsdiensten bis zu militärischen
Aufgaben. Inzwischen übernehmen PSCs an nahezu allen Krisenpunkten dieser
Welt den Wach- und Begleitschutz für Soldaten, Geheimdienstler, Firmen
und Hilfsorganisationen.
Die Vermietung von ehemals hochrangigen und zum Teil zur Terrorbekämpfung
speziell ausgebildeten Soldaten ist ein gutes Geschäft. Ein ehemaliger
SAS Soldat kostet bei Defence Systems Limited (DSL) um die 1500 € am Tag.
Er selbst erhält davon ca. die Hälfte. Vor allem der Schutz von Wirtschaftsunternehmen
geht einher mit der schleichenden Kontrolle über bestimmte Wirtschaftszweige.
Für die Unternehmen zielen darauf ab, an der Rohstoffförderung über den
Schutzauftrag hinaus beteiligt zu werden. Sie erlangen z.B. Bezahlung
in Form von Lizenzen für Ölquellen und Schürfrechte für Diamantenminen
und bleiben dadurch langfristig vor Ort präsent. Oft werden dafür wiederum
Tochterunternehmen gegründet.
Über diese Sicherungsmaßnahmen hinaus rücken die Unternehmen zunehmend
in militärische Aufgabenbereiche vor. Es gibt bereits ein breites Angebot
an Leistungen auf den Gebieten Logistik, Planung und Strategieentwicklung.
Auch die Truppenversorgung und der Transport werden vermehrt an private
Unternehmen ausgelagert, so übernehmen viele zivile Fluglinien bereits
die Truppentransporte. Manche Unternehmen sind für die Instandhaltung
und Wartung der Waffensysteme zuständig. Andere für nachrichtendienstliche
Missionen wie z.B. Luftaufnahmen. Die Experten dafür haben sie längst
gefunden: 70 % der ehemaligen KGB-Bediensteten sind z.B. inzwischen bei
PMCs und PSCs angestellt.
Im Rahmen des Outsourcings von Dienstleistungen für Truppen im Auslandseinsatz
unterzeichnete die US-Administration zwischen 1994 und 2004 über 3 000
Verträge, darunter auch mit diversen PMCs wie DynCorp, der Military Professional
Ressources Inc. (MPRI) und Kellogg Brown & Root (KBR)6. Das Gesamtauftragsvolumen
der letzten zehn Jahre lag bei über 300 Milliarden Dollar7. Nicht zuletzt
nehmen Angestellte von PMCs vermehrt direkt an Kampfhandlungen teil. Im
Irak lässt sich dies gerade sehr deutlich beobachten.
Rekrutierung
Die Rekrutierung erfolgt durch direkte oder indirekte Anwerbung. Für
viele lockt der hohe Sold (bei Blackwater 300-800 US $ pro Tag). Die meisten
Unternehmen finden billiges Militärpersonal in Ländern wie Kolumbien,
Chile, Südafrika und Russland. Zu einem kleinen Teil werden Zivilisten
oder Reservisten verpflichtet. Vor allem wird das Personal jedoch von
regulären Armeen, vor allem den Spezialeinheiten abgeworben. Dabei scheuen
sie nicht die Anstellung ehemaliger Kriegsverbrecher.
Mindestens 120 kolumbianische Ex-Militärs sind als Söldner in Irak im
Einsatz. Sie arbeiten für Blackwater. Ausgebildet werden sie in offiziellen
Einrichtungen der kolumbianischen Streitkräfte, der Kavallerieschule in
Bogotá, die in den 1980er Jahren auch als Folterzentrum bekannt war8.
Aber auch ehemalige hochrangige MitarbeiterInnen des CIA und anderer Geheimdienste
sowie pensionierte Generäle und Admiräle stehen auf den Gehaltslisten.
An standardisierten Verfahren für die Rekrutierung fehlt es freilich.
Auch einheitliche Befehls- und Kontrollstrukturen sind nicht vorhanden.
Das know-how speist sich überwiegend aus den Erfahrungen der einzelnen
Angestellten. Erfahrene Militärs des Apartheidregimes oder der Pinochetdiktatur
scheinen besonders beliebt und werden schon mal offiziell ihrer Professionalität
wegen gelobt, wenn sich z.B. die chilenische Regierung gegen eine Anwerbung
ihrer Staatsangehörigen zu wehren versucht.
Regulierung
Für ihr wirtschaftliches und rechtliches Überleben benötigen die Unternehmen
die staatliche Akzeptanz ihrer Heimatstaaten. Südafrika hat bereits Gesetze
verabschiedet, um die ständige Anwerbung zu unterbinden. Aus dem Land
gingen sehr viele Exmilitärs zu privaten Sicherheits- und Militärunternehmen.
Es wird geschätzt, dass derzeit etwa 1500 Südafrikaner allein im Irak
angestellt sind9. Der Regulation of Foreign Military Assistance Act vom
Juli 1998 verbietet Südafrikanerinnen und Südafrikanern eine direkte Beteiligung
als bezahlte Streitkräfte/Söldner in bewaffneten Konflikten. Unter Beteiligung
fallen auch Rekrutierung, Training und Finanzierung. 2003 wurde auf der
Grundlage dieses Gesetzes der Südafrikaner Richard Rouget wegen Söldneranwerbung
in der Elfenbeinküste zu einer Geldbuße und einer Haftstrafe auf Bewährung
verurteilt. Primär zielte der Act auf eine Regelung der Aktivitäten von
Executive Outcomes. Das erfolgreiche Unternehmen stellte im Januar 1999
offiziell seine Tätigkeit ein10. Die fehlende politische Rückendeckung
durch seinen Heimatstaat war dafür sicherlich ein wichtiger Grund.
Die USA haben mittels einer Lizenzvergabe11 ein System eingeführt, welches
die PMCs und PSCs an staatliche Institutionen bindet und ihnen einen quasi-staatlichen
Status verleiht.
Denkt man das Lizenzmodell weiter, ließe sich jeder potenzielle Auftrag
an eine staatliche Bestätigung binden, welche in problematischen Fällen
verwehrt würde.
Die Firmen lassen sich bisher, wie der US-Bundesrechnungshof hervorgehoben
hat, kaum kontrollieren. Insbesondere existiert kein zentralisiertes System
zur Überwachung der zahllosen Outsourcing-Verträge der einzelnen US-Regierungsbehörden.
Obwohl die Vermarktung militärischer Dienstleistungen in den USA staatlicher
Kontrolle unterliegt, ist es gängige Regierungspraxis, die Bestimmungen
zumal in den Bereichen Informationsbeschaffung und Sonderoperationen so
weit wie möglich auszulegen.
Um mit den Regierungen im Geschäft zu bleiben und sich international einen
guten Ruf zu verschaffen, waren die privaten Sicherheitsdienste in Afrika
und anderen Regionen auch bereit, sich auf die Vorgaben der Weltbank bezüglich
Rechtsstaatlichkeit und "good governance" einzulassen. All diese Firmen
haben sich mittlerweile einen Verhaltenskodex gegeben und sich auf ethische
Grundsätze verpflichtet, die garantieren sollen, dass sie nur mit legitimen
Regierungen und innerhalb des gesetzlichen Rahmens arbeiten werden. Inzwischen
empfehlen manche Experten, diese Unternehmen als professionelle Anbieter
bestimmter Dienstleistungen anzuerkennen - in der Hoffnung, dass dann
bei ihren naturgemäß überaus heiklen Missionen wenigstens gesetzliche
Mindeststandards garantiert sind.
Status
Angestellte, die direkt in Kampfhandlungen eingebunden oder verwickelt
werden, nehmen z.T. auch an Übergriffen auf die Zivilbevölkerung, Tötungen,
Folter und Vergewaltigungen teil. Aus völker- straf- und haftungsrechtlichen
Gesichtspunkten ist in solchen Fällen eine Verortung von PMCs innerhalb
der Akteursstruktur in bewaffneten Kriegen wichtig, entscheidet sie doch
z. B. darüber, ob den Angestellten von PMCs der Kriegsgefangenenstatus
zuerkannt wird und wie sie zur Verantwortung gezogen werden können.
Organisierten Widerstandsbewegungen und Milizen wird zum Beispiel nur
dann der Schutz für Kriegsgefangene gewährt, wenn sie sich gemäß Art.
4 A Nr. 2d) III. Genfer Abkommen an die Gesetze und Gebräuche des Krieges
halten. Außerdem sind letztlich nur die völkerrechtlich anerkannten Kombattanten
dazu berechtigt Schädigungshandlungen vorzunehmen. Alle anderen können
deswegen festgenommen und von der Gewahrsamsmacht in einem Gerichtsverfahren
verurteilt werden. Rechtmäßige Kombattanten im völkerrechtlichen Sinne
sind immer noch die Angehörigen der Streitkräfte einer Konfliktpartei.
Neben den Streitkräften gibt es noch die so genannten warlords, Milizen
und Privatarmeen. Solche mehr oder weniger organisierten Kampfverbände
machen zum Teil auch Gebrauch von einzelnen Söldnern. In die Militärorganisation
eingegliederten Freiwilligenkorps und Milizen wird nach Art. 4 A Nr. 1
des III. Genfer Abkommens der Schutz von Kriegsgefangenen zu Teil. Alle
anderen Milizen, Freiwilligenkorps und Widerstandsbewegungen genießen
diesen Status nur unter den Voraussetzungen von Art. 4 A Nr.2 des III.
Genfer Abkommens. Dafür müssen sie u.a. eine verantwortliche Person an
ihrer Spitze haben und sowohl ein erkennbares Unterscheidungszeichen als
auch ihre Waffen offen tragen.
Der "klassische" Söldner12 stellt als Einzelperson zum Zweck des persönlichen
finanziellen Verdiensts seinen körperlichen Einsatz zur Verfügung. Söldner
werden überwiegend von nichtstaatlichen Gruppen angeheuert. Völkerrechtlich
haben sie gemäß Art. 47 ZP I der Genfer Konventionen kein Anrecht auf
den Status eines Kombattanten, geraten sie in Gefangenschaft, gelten sie
nicht als Kriegsgefangene. Davon abgesehen sieht die Anti-Söldner Konvention13
der VN ein Verbot des Anwerbens, des Einsatzes, der Finanzierung und der
Ausbildung von Söldnern vor.
Aber wo stehen die PMCs? Klassische Streitkräfte sind sie nicht. Nach
Art. 47 ZP I der Genfer Konventionen sowie nach der Anti-Söldner Konvention
werden ihre Angestellten auch nicht als Söldner eingestuft14, auch wenn
die Mehrheit der Angestellten gerade aus finanzieller Motivation heraus
am Konflikt teilnimmt. Allerdings sollte man die Kritik an der Söldnerdefinition
in Art. 47 beachten. Von vielen Delegationen war damals eine weiter gehende
Regelung gefordert worden. Manche sehen in der sehr engen Definition des
Art. 47 ZP I auch eine Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Kämpfern.
Der Sonderberichterstatter der Menschenrechtskommission für das Söldnerwesen
kritisierte an Art. 47 II ZP I, dass er die tatsächlichen Fälle der aktuellen
Söldnereinsätze nicht erfasse. Söldner sind wohl nur noch die Einzelpersonen,
die sich an jeden verkaufen. PMCs und PSCs sind "Geschäftspartner". Bleibt
der Status von Zivilisten. Diesen kommen der Schutz und somit die grundlegenden
Garantien aus Art. 75 ZP I zugute.
Die Bundesregierung teilte kürzlich auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion
hin mit, dass das geltende humanitäre Völkerrecht ausreiche, um die Aktivitäten
von Angehörigen privater Sicherheitsfirmen in militärischen Konfliktfällen
zu erfassen und zu bewerten. Nach ihrer Ansicht müssen Mitarbeiter privater
Sicherheitsfirmen, die unmittelbar an einem bewaffneten Konflikt teilnehmen,
als Kombattanten mit Strafverfolgung rechnen. Schließlich wären sie dazu
nicht berechtigt. Im Falle ihrer Gefangennahme gelten sie nicht als Kriegsgefangene.
Wer aber als Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma nicht direkt an Feindseligkeiten
teilnehme, genieße den Schutz für Zivilpersonen aus dem humanitären Völkerrecht15.
Letztlich sind aber gerade die Angestellten von PMCs schutzlos den Gefahren
ausgesetzt. Agieren sie doch ohne militärischen Status und Beistand an
den Brennpunkten.
Chancen und Risiken
Viele Tätigkeiten der PSCs sind legal und rechtlich abgesichert. Bestimmte
staatliche Aufgaben wie zum Beispiel der Schutz der öffentlichen Ordnung
durch die Polizei in U-Bahnhöfen werden bereits vieler Orts von privaten
Wachunternehmen durchgeführt. Datenbanken und absolute Sicherheitsfragen
gelangen allerdings ebenfalls in die neuen Servicehände. So ist DynCorp
in den USA zuständig für die Datenbanken des Verteidigungs-, Außen- und
Justizministeriums, der Bundessteuerbehörde Internal Revenue Service,
der Kontrollbehörde für das Börsenwesen, der Drogenbehörde DEA, sowie
für die Computer des FBI. Letztlich handelt es sich dabei um eine Risikoverteilung
zwischen Staat und Privatsektor. Wie man sich entscheidet, hängt dabei
auch vom sicherheitspolitischen Selbstverständnis des jeweiligen Staates
ab.
Diskutiert wird, ob der Einsatz von PSCs zum Schutz von Internationalen
Organisationen und von PMCs für Friedenseinsätze denkbar wäre. Ihr Einsatz
sei mit geringeren Kosten verbunden, schneller und effektiver. Sie könnten
außerdem Regierungen bei Verteilungskämpfen gegen Rebellenbewegungen militärischen
Vorteil verschaffen und damit deren staatliche Handlungsfähigkeit stabilisieren.
Gleichzeitig bestünde dabei aber die Gefahr, dass diese Regierungen dann
auf Investitionen in funktionierende staatliche Sicherheitsinstitutionen
verzichten.
Viele von den Unternehmen haben es im Laufe der letzten Jahre geschafft,
sich durch intensive Lobbyarbeit als leistungsfähige Partner bei der Durchführung
friedenserhaltender Maßnahmen zu profilieren. Damit entsteht aber die
Gefahr, dass der Unterschied zwischen Entwicklungshilfe, humanitärer Hilfe
und Militäreinsätzen noch weiter verwischt wird16.
Die Position der VN zu Söldnern und PMCs ist klar ablehnend. Obwohl sie
inzwischen selbst private Sicherheitsunternehmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter
und für ihr peacekeeping einsetzen.
Die jüngste Veränderung der Bedrohungsszenarien und die Terrorismusbekämpfung
verschieben die klassischen Fronten. Auf diesen Aktionsfeldern agieren
manche PMCs als Lückenfüller. Das Pentagon verlangte 2004 vom Kongress
die Bewilligung von 500 Millionen Dollar zum Aufbau eines weltweiten Netzes
von "befreundeten Milizen", um Terroristen in "nichtregierten" Zonen verfolgen
und bekämpfen zu können17.
Ein wichtiges Problem bei der Privatisierung von staatlicher Gewalt liegt
eben in der Vermischung von politischen, wirtschaftlichen und militärischen
Interessen. Gerade durch die Vernetzung in einem System von Sub- und Partnerunternehmen
breitet sich die Einflussnahme der Unternehmen undurchschaubar aus. Ein
bedrohliches Beispiel ist auch der zunehmende Einstieg in den Waffenhandel.
Ein anderes Problem liegt in der Abgabe von Verantwortlichkeit und mangelnden
Kontrollmechanismen. Die Achtung der Menschenrechte ist bei dem Einsatz
von PMCs nicht ausreichend gewährleistet. Gemäß Art. 43 ZP I unterliegen
die offiziellen Streitkräfte einem Disziplinarsystem, das die Einhaltung
der Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts gewährleistet.
Dies ist bei privaten Unternehmen so nicht der Fall. Nicht selten werden
sie für multinationale Konzerne tätig, deren Unternehmenspolitik allein
bereits Menschenrechte und Umweltschutzregelungen verletzt. Nicht zuletzt
die Foltervorwürfe gegen CACI im Irak haben gezeigt, wie sensibel der
Umgang mit Sicherheitsaufgaben geschehen muss.
Die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten sind schwach. Letztlich greifen
die internationalen Normen erst, wenn die Unternehmen das Selbstbestimmungsrecht
der Völker verletzen, in innere Angelegenheiten von Staaten eingreifen
oder sich direkt an Kampfhandlungen beteiligen.
Der Einsatz von PMCs droht derweilen internationale Absprachen zu unterwandern.
Es lässt sich mit ihrer Hilfe z.B. ein Waffenembargo umgehen, was den
USA im Rahmen des Jugoslawienkrieges durch den Einsatz von MPRI bei der
Ausbildung der kroatischen Truppen auch vorgeworfen wird. Außerdem könnten
private Einheiten eingesetzt werden, wenn offiziell keine Bodentruppen
entsandt werden dürfen. Heute bereitet es kaum noch Schwierigkeiten, die
Anti Söldner Konvention der VN und der Afrikanischen Union (AU)18 zu umgehen,
die doch eigentlich den Einsatz von Söldnern verbieten.
Des Weiteren droht die Ausweitung einer aus Kolumbien bekannten und äußerst
umstrittenen Praxis: Die Beauftragung von PMCs und PSCs zur Durchführung
von Maßnahmen auf dem Territorium eines anderen Staates.
Fazit
Gerade das Outsourcing militärischer Aufgaben droht die Bindung an das
Völkerrecht zu unterlaufen. Eine zentrale Funktion des Staates, sein Gewaltmonopol
wird langsam aufgeweicht. Das völkerrechtliche System der kollektiven
Sicherheit baut auf dem Grundsatz auf, dass in erster Linie die Staaten
für die Sicherheit ihrer Bürger und anderer Staaten, speziell in der Region,
zu sorgen haben. Das staatliche Gewaltmonopol ermöglicht ihnen grundsätzlich
eine wirksame Ausübung dieser besonderen Verantwortung. Dies wird durch
die zunehmende Privatisierung der Gewalt in Frage gestellt.
Die schleichende Privatisierung bietet keine klaren Verantwortlichkeiten.
Im Gegenteil: Oft geht der Einsatz von PMCs und PSCs mit Zusagen hinsichtlich
Straffreiheit einher. Es stellt sich die Frage, ob die Heimatstaaten bereit
sind politische und juristische Verantwortung zu übernehmen für die Duldung
derartiger Unternehmen und ihrer Einsätze. Eine möglichst internationale
Regelung zum Umgang mit und der Kontrolle von privaten Militär- und Sicherheitsfirmen
ist dringend erforderlich.
Katharina Braig promoviert an der Humboldt Universität
Berlin.
Anmerkungen:
1 Titel einer Schrift von Donald Rumsfeld von 1995.
2 So die Selbstdarstellung unter www.blackwaterusa.com.
3 Makki, Sami Dossier in: Le Monde diplomatique Nr. 7512 vom 12.11.2004
" Outsourcing, das Irak-Experiment ".
4 Siehe Peter Singer "Corporate Warriors" in: International Security,
Vol. 26, No. 3 (2001).
5 Azzelini/ Kanzleiter S. 34.
6 Eines der erfolgreichsten Unternehmen, errichtete u.a. auch das Gefängnis
auf Kuba Guantanamo Bay für die USA; Tochterunternehmen von Halliburton.
7 Makki, Sami Dossier.
8 Bettina Reis in http://www.ila-bonn.de/artikel/ila288/kolumbienblackwater.htm.
9 Cape Times http://www.capetimes.co.za/index.php?fArticleId=340626).
10 Gegründet wurde aber eine Art Nachfolgeunternehmen "Sandline".
11 Die Lizenzierung unter der "International Traffic in Arms Regulation"
erfolgt unter der Aufsicht des Office of Defense Trade Controls des State
Departments.
12 Siehe dazu: Maaß, Rainald "Der Söldner und seine kriegsvölkerrechtliche
Rechtsstellung als Kombattant und Kriegsgefangener" UVB-Universitätsverlag
Dr. N. Brockmeyer, 1990.
13 International convention against the recruitment, use, financing and
training of mercenaries, New York 1998, sie ist erst seit 20. 10. 2001
in Kraft.
14 Zur Abgrenzung siehe vor allem: Zarate, Juan: "The emergence of a new
dog of war: private security companies, international law and the new
world disorder", in: Stanford Journal of International Law, Vol.
34, Nr. 75/ 1998, S. 75-162.
15 Bundestagsdrucksache 15/5824.
16 Makki, Sami Dossier.
17 Le Monde diplomatique Nr. 7512 vom 12.11.2004.
18 Organization of African Unity Convention for the Elimination of Mercenarism
in Africa, 1977, seit 1985 in Kraft.
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