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Die Universität Münster wird an ca. 30 Standorten durch etwa 65 Videokameras
überwacht, unter anderem in der Bibliothek, einem Arbeitsraum und verschiedenen
Computerpools. Diese Maßnahmen sind datenschutzrechtlich unzureichend
abgesichert. Drei Studierende haben daher Ende Februar vor dem Verwaltungsgericht
Münster ihre Klage gegen die Universität eingereicht, um ihr Recht auf
informationelle Selbstbestimmung geltend zu machen.
Seit November 2004 bemüht sich das Referat für politische Bildung/Demokratische
Rechte des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) darum, die Universität
zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu bewegen. Während
einer vom AStA und den Kritischen JuristInnen Münster veranstalteten Aktionswoche
im Juni 2005 wurde deutlich, dass die Überwachung den Studierenden zumeist
völlig unbekannt, und zudem nicht - wie gerne von universitärer Seite
suggeriert - allen gleichgültig oder im Namen der Sicherheit zu rechtfertigen
ist. Dennoch war die Verwaltung zu keiner Bewegung bereit, sondern beruft
sich seit jeher gebetsmühlenartig auf die Prävention von Diebstählen,
sonstigen Eigentumsverletzungen und gewalttätigen Übergriffen auf Studierende.
Im Oktober 2005 erklärte die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte,
Bettina Sokol, dass sie die Zulässigkeit der einzelnen Videoüberwachungsanlagen
der Hochschule aus Sicht des Datenschutzes noch nicht abschließend zu
beurteilen vermag. Ihrer ausdrücklichen Empfehlung, die Videoüberwachung
bis zu einer abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit auszuschalten,
kam die Universität nicht nach. "Wenn wir uns an der Universität bewegen,
sind wir täglich Eingriffen in unsere Grundrechte ausgesetzt. Wir sehen
die Klage als unser letztes Mittel, unsere Rechte zu wahren", so Annelie
Kaufmann, eine der KlägerInnen.
Videoüberwachung ist eine fragwürdige Methode, um vermeintliche Sicherheit
herzustellen. Sie greift massiv in Grundrechte ein, und kann direkt weder
einem Opfer helfen, noch Straftaten verhindern. Sie setzt die Unschuldsvermutung
faktisch außer Kraft und führt zu einer Kultur der Kontrolle, welche einer
Demokratie nicht förderlich ist. "Scheinbar konnten wir kaum eine Sensibilisierung
der Universität für die gesellschaftliche und individuelle Relevanz dieses
Themas erreichen. Deshalb halten wir diese Klagen für unterstützenswert
und notwendig, um den Studierenden ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht
zu garantieren", so der Referent für politische Bildung/Demokratische
Rechte, Tim Ackermann.
Das Urteil wird landesweite Auswirkung haben, da es bisher keine gerichtliche
Entscheidung über die Videoüberwachung öffentlicher Gebäude zum Landesrecht
Nordrhein-Westfalens gibt.
Annelie Kaufmann/Tim Ackermann/Matthias Lehnert, Münster
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