Lena Dammann |
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"Es wird nicht mehr wie es davor war" | Heft
4/2006 Transnational Concerns: Facetten der Globalisierung Seite 138 |
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Einschätzungen von Prüflingen des Ersten Juristischen Staatsexamens |
Es gibt einen ausdifferenzierten Markt an Lehrbüchern, Repetitoriumsskripten
und Schemata für die Vorbereitung auf die erste juristische Staatsprüfung.
Anleitungen zur Bewältigung der fachlichen Inhalte sind in Hülle und Fülle
vorhanden. Sucht man hingegen nach Informationen was einen in psychischer
Hinsicht im Ersten Staatsexamen erwartet, dann kann man lange suchen und
ist im Zweifel auf die Horror-Stories oder Schönfärbereien derer angewiesen,
die das Examen schon bestanden haben. Emotionaler Ausnahmezustand Es wird eine Bandbreite von Emotionen sichtbar gemacht, die durch das
Examen hervorgerufen werden. Deutlich wird dabei vor allem eines: Das
Examen ist mehr als eine bloße Abschlussprüfung. Es ist ein existenzielles
Erlebnis, eine Extremsituation. Sie wird von den meisten KandidatInnen
als krisenhaft erlebt. Es entstehen Gefühle von Ausgeliefertsein und Unmündigkeit.
Selbstvertrauen und Selbstsicherheit schwinden bei Vielen. Selbst nach
bestandener Prüfung kommt häufig keine Freude auf, sondern nur eine große
Leere. Ursächlich dafür ist den Interviews zufolge eine Reihe an Faktoren.
Beispielsweise wird die Menge des Prüfungsstoffs als zu hoch empfunden.
Die Prüflinge fühlen sich kaum motiviert. Die Beurteilungskriterien sind
vielen unklar. Die Anonymität wird als Unsicherheitsfaktor genannt sowie
die langen Wartezeiten zwischen Prüfungen und Notenbekanntgabe. Auch der
Charakter der Prüfung wird kritisiert, die zwar als Leistungsprüfung deklariert
wird, von einigen aber als Persönlichkeits- und Gehorsamstests erlebt
wird, durch die Autonomie, Freiheit und Kontrolle über die Situation unterminiert
werden. Wie umgehen mit der Extremsituation Examen? Neben Fragen nach den psychischen Reaktionen auf das Examen wurden die
Interviewten auch nach ihren Bewältigungsstrategien gefragt. Dabei wird
deutlich, dass es kein Patent-Rezept für das erfolgreiche Bestehen des
Examens gibt. In Entsprechung zu den Schwierigkeiten, die sich individuell
verschieden äußern, gibt es ebenso viele verschiedene Wege der Bewältigung.
Lena Dammann arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Hamburg. Nell Bickel / Dirk Fabricius / Jana Lippman / Mark Pawlytta / Jörg Preuß / Lais Schindzielorz (Hrsg.), Examiniertes Examen: Das erste Juristische Staatsexamen, Interviews mit Prüflingen durch einen Prüfer und andere Texte", Frankfurt a.M. 2004, 252 Seiten, 14,70 € |