Heft 1 / 2002:
könnte besser sein
Sozialrecht
xxx

Karin Günther Zum ersten Artikel des Schwerpunkts Zur Rubrik Ausbildung Zur Rubrik Recht kurz Zum Sammelsurium Zur Rubrik Politische Justiz Zur BAKJ-Seite
Gesetz gibt Prostituierten mehr Rechte
 

Gesetzlich verboten ist Prostitution in Deutschland nicht. Aber was, wenn ein Freier nicht zahlen will? Vor Gericht einklagen konnte eine Prostituierte ihren Lohn nicht, denn nach bisher überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung war eine solche Vereinbarung sittenwidrig und damit nach § 138 BGB unwirksam. Prostituierte zahlen Steuern, der Zugang zur Sozialversicherung blieb ihnen jedoch bislang verwehrt. Und wenn BordellbetreiberInnen versuchten, Raum für selbstverwaltete Prostitution und damit angenehmere Arbeitsbedingungen zu schaffen, so waren sie wegen Förderung der Prostitution von strafrechtlicher Verfolgung bedroht.

Diese Doppelmoral und die damit verbundene Diskriminierung zu beseitigen und damit die soziale und rechtliche Stellung von Prostituierten zu verbessern, ist das erklärte Ziel des am 1. Januar in Kraft getretenen Prostitutionsgesetzes (ProstG). Es hebt die Sittenwidrigkeit der Prostitution auf, so dass der vereinbarte Lohn für sexuelle Dienste nun gerichtlich einklagbar ist. Durch das ProstG werden zudem die §§ 180a und 181a StGB derart geändert, dass der Herstellung besserer Arbeitsbedingungen für die freiwillige Prostitution kein gesetzliches Verbot mehr entgegensteht. Mit dem neuen Gesetz bekommen Prostituierte erstmals die Möglichkeit, sich zu entscheiden zwischen einer Tätigkeit als selbstständige Prostituierte mit allen Freiheiten und Verpflichtungen, die eine selbstständige Tätigkeit beinhaltet, oder einer Tätigkeit als Angestellte mit einem Arbeitsvertrag, der ihnen auch Zugang zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung gewährt.

Die Union sieht in dem von SPD und Grünen eingebrachten Gesetz ein "falsches Signal", für die PDS ist es hingegen nur der "kleinstmögliche Schritt". Hurenverbände begrüßten das Gesetz, hätten sich aber weitreichendere Reformen wie die völlige Abschaffung des § 181a StGB und die Verbesserung der Situation von Migrantinnen in der Prostitution gewünscht.

Fest steht, dass die beschlossenen Änderungen längst überfällig waren. Schon im Dezember 2000 hatte das Berliner Verwaltungsgericht in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung festgestellt, daß Prostitution, soweit sie von Erwachsenen freiwillig und ohne kriminelle Begleiterscheinungen ausgeübt wird, nach heute anerkannten sozialethischen Wertvorstellungen nicht mehr als sittenwidrig anzusehen sei. Das ProstG setzt dies nun endlich auch auf gesetzlicher Ebene um.

Karin Günther, Göttingen.