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Von Männern und Frauen wird heute vielfach bestritten, dass die Ungleichheit
zwischen den Geschlechtern fortbesteht. Die äußeren Daten sehen sehr günstig
aus. Seit 1994 ist das Ziel der tatsächlichen Gleichheit von Frau und
Mann in Art. 3 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz festgeschrieben. Diskriminierende
Gesetze wurden aufgehoben, Frauenfördermaßnahmen werden vorangebracht
und auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen
Gerichtshofs ist der Gleichstellungsfrage meist wohlgesonnen.
Doch immer noch sind Benachteiligungen von Frauen an der Tagesordnung.
Frauen bekommen weniger Geld für die gleiche Arbeit, auf ihnen lastet
über Gebühr die Sorge für Familie und Haushalt. Sie werden nicht ausreichend
vor Gewalt geschützt, sind Opfer sexistischer Übergriffe und stehen als
Flüchtlinge auf unterster Stufe. Nicht zuletzt haben Frauen nicht in gleichem
Maße Einfluss auf politische und wirtschaftliche Prozesse wie Männer.
Dazu kommt, dass sich das Geschlecht nicht nur im Verhältnis zwischen
Männern und Frauen als "hervorragendes" Diskriminierungsmittel erwiesen
hat. Menschen, die sich dieser "Normierung" entziehen, weil sie lesbisch,
schwul oder queer leben, kämpfen gegen Vorurteile, müssen sich für ihr
Leben rechtfertigen und werden wegen ihrer Sexualität diskriminiert.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welcher Weg einzuschlagen
ist, um rechtlich gegen Diskriminierungen vorzugehen. So bestehen begründete
Vorbehalte gegen Regelungen, die zwar zum Ziel haben, die Position von
Frauen zu verbessern, dies aber nur dadurch erreichen, dass sie an die
derzeitige Situation anknüpfen und so alte Stereotype und vorgefundene
Rollenverteilungen festschreiben. Frauen bleiben die ewig Unterdrückten,
die besondere rechtliche Förderung nötig haben. Andererseits stellen äußerlich
neutrale Regelungen häufig keine geeignete Alternative dar, da sie sich
oft mittelbar diskriminierend für Frauen auswirken, indem sie an einen
männlichen Maßstab anknüpfen.
Dieses rechtstheoretische Dilemma ist allgegenwärtig, wie sich aktuell
an der Debatte um Prostitution und Frauenhandel oder über Effektivität
und Nutzen von Frauenfördermaßnahmen zeigt. Die Rentenreform ist wiederum
ein Beispiel dafür, dass die angemessene Berücksichtigung von Belangen
von Frauen sowie ein nicht einseitig am Mann orientierter Maßstab, hier
in Form der Normalerwerbsbiografie, auch bei grundlegenden Reformen immer
noch Utopie sind.
Trotz dieser Schwierigkeiten stellen nationales und internationales Recht
wichtige Instrumente dar, um das Verhältnis der Geschlechter zu ändern.
Wer es nur als Mittel zur Herstellung und Manifestation der Unterdrückung
von Frauen qualifiziert, verkennt, dass gerade Frauen es in der Vergangenheit
zu nutzen verstanden, um ihrem Ziel der Gleichberechtigung der Geschlechter
ein Stück näher zu kommen.
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