Heft 2/2000:
Mächtig organisiert - Die neue Weltordnung
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EuGH entscheidet: Frauen an die Waffen
 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine der letzten frauendiskriminierenden Berufszugangsbeschränkungen in Deutschland beseitigt: Am 11. Januar 2000 entschied er, daß der generelle Ausschluß von Frauen aus der Bundeswehr - geregelt in Artikel 12a Absatz 4 Satz 2 Grundgesetz (GG) sowie dem Soldatengesetz - gegen die europäische Gleichstellungsrichtlinie (76 / 207 / EWG) verstößt.
Das Gericht stellt in seinem Urteil klar, daß grundsätzlich auch sicherheitspolitische Regelungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an der sich auf das Erwerbsleben beziehenden Gleichstellungsrichtlinie zu messen sind. Damit definiert der EuGH den Ausschluß von Frauen aus der Armee zutreffend als ein weniger militärisches als vielmehr ökonomisches Phänomen: Kernpunkt ist der den Frauen verwehrte Zugang zu den etwa 330.000 vergleichsweise sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätze beim Arbeitgeber Bundeswehr.
Ein genereller Ausschluß von Frauen ist nach Ansicht des EuGH auch nicht durch den in der Gleichstellungsrichtlinie enthaltenen Ausnahmetatbestand gedeckt. Dieser erlaubt eine Diskriminierung dann, wenn das Geschlecht eine "unabdingbare Voraussetzung" für die auszuübende Tätigkeit ist. Solche Ausnahmen müssen nach der Rechtsprechung des EuGH immer spezifische Tätigkeiten betreffen, ein umfassendes Dienstverbot für Frauen geht daher viel zu weit. Ein Ausschluß von Frauen von bestimmten Tätigkeiten, z.B. dem Einsatz in Kampfeinheiten oder auf U-Booten, würde dem Europarecht daher standhalten. Trotzdem ist im Sinne einer vollständigen Verwirklichung der Geschlechtergleichheit bei der jetzt anstehenden Neugestaltung der deutschen Rechtslage der Verzicht auf Regelungen zu fordern, die den Zugang zu bestimmten Tätigkeiten an das Geschlecht und nicht an die Erfüllung sich aus der Tätigkeit konkret ergebender physischer Voraussetzungen binden.
Zwar scheint eines sicher: Durch die Aufnahme von Frauen wird die Bundeswehr kein Stückchen besser, sie wird ihren Charakter als hierarchische, zum Zweck des Tötens von Menschen eingerichtete Zwangsinstitution nicht verlieren. Will man Frauen aber nicht instrumentalisieren, schränkt diese Tatsache ihren Anspruch auf Gleichbehandlung nicht ein. Geschlechtergleichheit ist nicht rechtfertigungsbedürftig und gilt auch dort, wo sie Frauen die Möglichkeit einräumt, sich in einer Institution von fragwürdiger Existenzberechtigung zu engagieren.

Katharina Ahrendts, Berlin

Quellen:

Urteil des EuGH vom 11.01.2000, Az C-285/98, http://curia.eu.int/de/index.htm