Heft 2/2000:
Mächtig organisiert - Die neue Weltordnung
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Ausländer raus - Informatiker rein
 

Ende Februar überraschte Bundeskanzler Schröder auf der Computermesse cebit die Öffentlichkeit mit einem Vorhaben, das zwar zunächst nur wie eine zeitlich und thematisch eng begrenzte ad-hoc Maßnahme erscheint, langfristig jedoch gravierende Auswirkungen auf die Einwanderungspolitik Deutschlands haben könnte. Zur Deckung des akuten Arbeitskräftemangels im Bereich der Informationstechnologie (IT) will die Bundesregierung in diesem und bei entsprechendem Bedarf auch im nächsten Jahr jeweils 10.000 auf fünf Jahre befristete Arbeitsgenehmigungen für hochqualifizierte ausländische IT-Fachkräfte erteilen. Die Rechtsgrundlage für diese in Anlehnung an das amerikanische Vorbild als Green Card bezeichneten Genehmigungen soll innerhalb der nächsten Monate durch Änderungen der entsprechenden Rechtsverordnungen geschaffen werden, wobei für den aufenthaltsrechtlichen Teil der Neuregelung die Zustimmung des Bundesrats erforderlich sein wird.
Die Ankündigung Schröders löste eine Debatte aus, in der das bisherige Tabuthema Einwanderung erstmalig nicht primär unter dem Aspekt der Belastung, sondern vielmehr unter dem der Nützlichkeit für die deutsche Volkswirtschaft behandelt wird. Dabei greifen jedoch sowohl die Diskussion als auch die geplante Regelung viel zu kurz. An die Erkenntnis, daß Deutschland Einwanderung benötigt, müßten sich Erörterungen darüber anschließen, inwieweit die gewünschte Migration von Fachkräften auf Kosten der Entwicklungsmöglichkeiten der Herkunftsländer geht und ob sie nicht flankiert sein müßte von einer Erleichterung der Einwanderung von Flüchtlingen sowie von weniger qualifizierten Arbeitskräften. Dies könnte sowohl humanitär als auch wiederum wirtschaftlich motiviert sein, da Deutschland im Bereich der Spitzenkräfte auf einem weltweiten Arbeitsmarkt konkurrieren muß, auf dem Länder wie die USA und Kanada deutlich bessere Karten haben. Die rechtlichen Regelungen sind dort weniger kompliziert und abschreckend als in Deutschland, vor allem aber wird die amerikanische Green Card unbefristet vergeben. Wenn die Bundesregierung den gewünschten Arbeitskräften trotzdem nicht die Möglichkeit eines dauerhaften Lebens in Deutschland anbieten will, so macht dies nicht nur die sonst immer von allen als dringend notwendig beschworene Integration der MigrantInnen deutlich schwieriger, es ist auch dem eigenen Anliegen höchst abträglich, da es die Attraktivität Deutschlands in der globalen Konkurrenz um qualifizierte Arbeitskräfte reduziert.

Tobias Lieber, Freiburg

Quelle:

http://www.bundesregierung.de/02/regierung.html