Heft 2/2000:
Mächtig organisiert - Die neue Weltordnung
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Regierungsentwurf zur Änderung des Paßgesetzes
 

Vor dem Hintergrund der im Juni in Belgien und den Niederlanden stattfindenden Fußball-Europameisterschaft hat das Kabinett einen Entwurf zur Änderung des Paßgesetzes (PaßG) beschlossen. Dieser soll den Einsatz von vorübergehenden Reisebeschränkungen für deutsche Hooligans als Mittel zur Verhinderung von Gewalttätigkeiten bei Fußballspielen, wie etwa bei der Weltmeisterschaft 1998 in Lens, effektivieren.
Die Verhängung der genannten Ausreiseverbote ist nach § 7 II PaßG bereits jetzt möglich, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß einzelne Hooligans bei Auslandsspielen gewalttätig werden. Die Teilnahme an gewalttätigen Ausschreitungen wird dabei unter das in § 7 PaßG genannte Tatbestandsmerkmal der Gefährdung "sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland" subsumiert.
Neu ist, daß eine Ausreise trotz Ausreiseverbots von nun an einen Straftatbestand statt - wie bisher - eine Ordnungswidrigkeit darstellen soll. Hier gelte es laut Begründung eine bestehende Strafbarkeitslücke zu schließen, um Hooligans davon abzuschrecken, trotz verhängter Reiseverbote auszureisen. Zudem sollen ihnen gegenüber Repressionsmöglichkeiten eröffnet werden, da ihre Auslandstaten im Inland nicht ohne weiteres verfolgt werden können.
Bei Beurteilung dieser Begründung sollte beachtet werden, daß § 7 I PaßG die Möglichkeit vorsieht, einzelnen Personen den Paß bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ganz zu entziehen. Und eine Ausreise trotz Paßentzug nach Abs. I wird bereits jetzt als Straftatbestand geahndet. Vorübergehende Reiseverbote nach Abs. II beziehen sich demgegenüber zwar auf die gleichen Tatbestände, kommen aber dann zum Tragen, wenn eine Versagung des Passes unverhältnismäßig wäre. Insofern ist die vorgesehene Angleichung der Strafbewehrung in sich durchaus schlüssig.
Dennoch wird hier erneut einem sozialen Problem rein repressiv begegnet, während viele präventiv arbeitende Fanprojekte über mangelnde Unterstützung klagen.
Zudem sollte die geplante Änderung zum Anlaß genommen werden, die bereits bestehende Regelung selbst zu hinterfragen. Denn wo es um eine Einschränkung der in Art. 2 I Grundgesetz garantierten Freizügigkeit geht, ist die generalklauselartige Gefährdung "sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland" doch ein sehr unbestimmter Rechtsbegriff.

Tillmann Löhr, Göttingen

Quelle:

Bundesratsdrucksache 48/00