Mit einem richtungsweisenden, bisher noch nicht veröf entlichten Urteil (siehe daher Pressemitteilung Nr. 62/18 des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Urteil vom 20. November 2018 – 1 AZR 189/17) ändert das BAG seine Rechtsprechung zu Streikmaßnahmen auf dem Betriebsgelände. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt nunmehr klar, dass Unternehmen Streikmaßnahmen auch auf den zum Unternehmen gehörenden Flächen zu dulden haben. Hintergrund des Verfahrens war eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Amazon und der Vereinten Dienstleistungsgesellschaft (ver.di). Im Rahmen zweier Streiks bei Amazon hatte ver.di seine Streikposten auf den zum Logistikcenter gehörenden Firmenparkplatz, der dem Haupteingang vorgelagert war, aufgebaut.
Amazon verlangte von ver.di die künftige Unterlassung solcher Aktionen und war damit bereits in der Vorinstanz am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urt. Vom 29. März 2017 Az. 24 Sa 979/16) gescheitert (siehe dazu bereits Forum Recht 03/2017, S. 99). Das BAG hat nun die Revision mit deutlichen Worten verworfen und die Ansicht des LAG bestätigt. Kernpunkt der Argumentation des BAG ist, dass es einer Gewerkschaft möglich sein muss, mit den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer*innen zu kommunizieren. Die damit einhergehende „kurzeitige situative Beeinträchtigung“ seines Besitzes hat ein Unternehmen hinzunehmen, da die Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Positionen hier zugunsten des Streikrechts ausfällt. Bisher war diese Abwägung häuf g zu Gunsten des Unternehmens ausgegangen, welches eine Beeinträchtigung seines Besitzes und damit eine de facto Mitwirkung am Streik nicht dulden musste. Es ist daher zu begrüßen, dass sich das BAG mit der Entscheidung von seiner bisherigen arbeitgeberfreundlichen Rechtsprechung verabschiedet und klarstellt, dass die Abwägung dann zugunsten des Streikrechts ausfällt, wenn dieses ansonsten drohen würde leerzulaufen.
Ob die Entscheidung aber tatsächlich eine Breitenwirkung entfaltet, muss sich noch zeigen. Denn das BAG stellt die Zulässigkeit von Streikmaßnahmen auf dem Betriebsgelände – zumindest laut der Pressemitteilung – unter den Vorbehalt, dass die Gewerkschaft keine andere Möglichkeit hat, mit den zum Streik aufgerufenen zu kommunizieren. Es bleibt daher zu hof en, dass das BAG diese Rechtsprechung fortführt und zukünftig auch weitere Streikmaßnahmen auf Firmengeländen zulässt.