25 Jahre nach dem ersten Grundsatzurteil in der Frage, welche Entlohnung für arbeitende Inhaftierte angemessen ist, nahm sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dieser Thematik erneut an. Das aktuelle Urteil beinhaltet entgegen den allgemeinen Erwartungen keine bahnbrechenden Neuerungen der Rechtsprechungslinie. Bereits im Jahr 1998 stellte das BVerfG fest, dass Arbeit im Strafvollzug angemessene Anerkennung finden muss. Die daraufhin von der Gesetzgebung getätigten Änderungen des Strafvollzugsgesetzes befand das BVerfG in einem Beschluss von 2002 für gerade noch verfassungsgemäß.
Eine Reaktion der Gesetzgebung hierauf blieb aus. Angesichts dieser langen Periode der gesetzgeberischen Untätigkeit fiel das Urteil erstaunlich milde aus. Gegenstand der Entscheidung waren zwei Verfassungsbeschwerden von Gefangenen aus Bayern und NRW, die gegen die Höhe der Vergütung ihrer Arbeit im Strafvollzug klagten. Auf den ersten Blick scheint die Entscheidung ein Erfolg zu sein, weil das BVerfG den beiden Beschwerdeführern Recht gibt und eine Verletzung ihres Grundrechts auf Resozialisierung durch die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften anerkennt. Allerdings liegt der daraus abzuleitende Handlungsauftrag für die Gesetzgebung nicht in einer Erhöhung der Vergütung, sondern in einer Überarbeitung der entsprechenden Strafvollzugsgesetze der Länder. Denn nach dem BVerfG folgt aus dem Grundrecht auf Resozialisierung aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz die gesetzgeberische Aufgabe, ein schlüssiges Resozialisierungskonzept zu entwickeln und den Strafvollzug normativ darauf auszurichten. Dieser muss so ausgestaltet werden, dass die Vollzugsziele auch erreicht werden können. Bei der Festlegung der Resozialisierungsziele und der Auswahl der dafür vorgesehenen Maßnahmen kommt der Gesetzgebung ein erheblicher Ermessensspielraum zu.
Die landesrechtlichen Vorschriften aus NRW und Bayern sind nach dem BVerfG nur deshalb verfassungswidrig, weil die gesetzlich festgelegten Resozialisierungsziele nicht durch die darin vorgesehenen Maßnahmen erreichbar sind. Dabei formuliert das BVerfG keine abstrakten Mindestanforderungen an die Entlohnung von Gefangenen – was wünschenswert gewesen wäre – sondern stellt lediglich fest, dass sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Höhe der Vergütung nur aus dem Zusammenhang mit dem Resozialisierungskonzept ableiten lassen. Eine verpasste Chance hinsichtlich der Verbesserung der Stellung von arbeitenden Inhaftierten.
Lara Mann, Frankfurt a.M.