Im November 2021 blockierten Aktivist*innen unter dem Motto „BlockNeurath“ über mehrere Stunden die Kohlezufuhr des Kraftwerks Neurath von RWE im Rheinland. Es ist das größte und schmutzigste Kohlekraftwerk Deutschlands. Die Aktivist*innen setzten damit ein wichtiges Zeichen gegen fossile Energiegewinnung. Sie forderten den sofortigen Kohleausstieg und leisteten ihren eigenen Beitrag dazu: Das Kraftwerk musste seine Leistung um 36 % reduzieren.
Von Januar bis April 2023 wurde der ersten Person der von vier Angeklagten Aktivist*innen vor dem Amtsgericht Grevenbroich der Prozess gemacht. Der Prozess lief von Beginn an ungewöhnlich. Denn die Angeklagten rechneten nicht mit einem fairen Prozess, sie nutzten das Gericht als politische Bühne und versuchten sich von den Mühlen der Justiz nicht zermalmen zu lassen. Über mehrere Verhandlungstage stellten angeklagte Person und Laienverteidigung 32 Beweisanträge, sie zielten unter anderem auf die Zeugenvernehmung von Klimaforscher*innen und Politiker*innen, um einen rechtfertigenden Notstand zu begründen. Einen Tag kletterte plötzlich eine Person mit einem Megafon auf einem Baum und rief in den Gerichtssaal. Bei einem späteren Termin erschien die angeklagte Person in einem Lock-On an eine andere Person festgekettet im Gericht, die beiden nahmen gemeinsam Platz auf der Anklagebank, sie riefen: „Angeklagt ist eine Person, aber gemeint sind alle!“. Es flogen Flummis durchs Gerichtsgebäude. Schließlich wurde das erste Urteil gefällt: Neun Monate Haft ohne Bewährung, eine Strafe, die über dem Doppelten dessen liegt, was bisher für ähnliche Aktionen geurteilt wurde. Bewährung soll es trotz keinerlei Vorstrafen nicht geben, da das Gericht dafür gerne eine Distanzierung gehabt hätte – angesichts der Klimakrise leider unmöglich. Legitimer Protest für Klimagerechtigkeit soll mit nicht zu begründender Härte unterbunden, Aktivist*innen eingeschüchtert werden.
Unbekannte reagierten darauf mit einer weiteren Guerilla-Aktion: In Grevenbroich tauchten Briefe auf, die die urteilende Richterin Zieschang als Verfasserin ausgaben. In diesen ließ sie mittlerweile aufgekommene Zweifel an dem Urteil verlauten und forderte die Bewohner*innen zur telefonischen Stellungnahme auf. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Prozess gegen die drei weiteren Angeklagten steht noch an. Weiterhin hat RWE öffentlich mehrfach angekündigt die Aktivist*innen auf 1,4 Millionen Euro Schadensersatz zu verklagen, bisher ist jedoch noch keine konkrete Forderung bei ihnen angekommen.
Solidaritätsgruppe BlockNeurath