Das Verhältnis der deutschen Staatsanwaltschaften (StA) zur Exekutive ist nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von Abhängigkeiten geprägt, die der Ausstellung von sog. EU-Haftbefehlen durch deutsche StAen entgegenstehen (C–508/18; C–82/19). Die StAen Lübeck und Zwickau stellten EU-Haftbefehle aus, die jeweils die Auslieferung eines sich in Irland aufhaltenden Verdächtigen zum Ziel hatte. Letztere wehrten sich vor den dortigen Gerichten gegen die Vollstreckung, mit dem Argument, die deutsche StA dürfe keine solchen EU-Haftbefehle ausstellen, weil sie mangels Unabhängigkeit von der Exekutive keine Justizbehörde iSd Art. 6 (1) Rahmenbeschlusses 2002/584 sei. Anlässlich der Vorlage stellte der EuGH fest, dass das Instrument des EU-Haftbefehls auf die Vereinfachung und Beschleunigung des gewöhnlichen Auslieferungsverfahrens angelegt sei, was sich besonders dadurch auszeichne, dass der ersuchte Mitgliedstaat grundsätzlich nicht weiter prüft, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls tatsächlich vorliegen. Als Grundlage diene das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten in den effektiven Schutz der Freiheit des Einzelnen bei der Ausstellung des EU-Haftbefehls. Um dem zu entsprechen, müsse die ausstellende Justizbehörde ihre Aufgabe stets in „objektiver Weise“ wahrnehmen können. Die Gefahr exekutiver Einflussnahme auf die Entscheidung zur Ausstellung des EU-Haftbefehls sei damit unvereinbar. Eine solche Gefahr läge insbesondere in der Weisungsbefugnis der JustizministerInnen nach §§ 146, 147 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz.
Allein durch Einfügen des Richtervorbehalts für EU-Haftbefehle wäre das aufgeworfene Problem der institutionellen Gewaltenverschränkung freilich nicht behoben. Die jüngere exekutive Grätsche gegen die von Maaßen angeregten Ermittlungen in der Netzpolitik.org– Affäre spricht dafür, die Unabhängigkeit der StA trotz des als Schranke fungierenden Legitimitätsprinzips anzuzweifeln. Der vorauseilende Gehorsam der StA galt hier einem Justizministerium, welches unter Druck der Öffentlichkeit staatliche Repression zu unterbinden versuchte. Was aber, wenn sich der politische Wind dreht? Die zunehmenden Chancen einer Regierungsbeteiligung derer, die zurzeit einer „Wende 2.0“ herbeieifern, sollte als Ansporn dienen, die Weisungsbefugnis abzuschaffen. Es erscheint naiv, sich darauf zu verlassen, dass bisher nur selten von der externen Weisungsbefugnis Gebrauch gemacht und in manchen Koalitionsverträgen auf ihre Ausübung verzichtet wurde.