|
"Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf." (Art.
87a I GG)
"Männer können ... zum Dienst in den Streitkräften ... verpflichtet werden."
(Art. 12a I GG)
"Frauen ... dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten." (Art.
12a IV GG, alte Fassung)
"Frauen ... dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet
werden." (Art. 12a IV GG, neue Fassung)
"Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen
werden." (Art. 4 III GG)
Würde heute jemand von einem fremden Stern kommend in Deutschland landen
und diese Sätze des Grundgesetzes lesen, so würde er/sie sich umschauen
und fragen: gegen wen verteidigt Ihr Euch denn? Leisten wirklich alle
Männer ihren Dienst in den Streitkräften ab? Warum dürfen die Frauen auf
keinen Fall verpflichtet werden?
Würde heute jemand von einem fremden Stern kommend in Deutschland landen
und diese Sätze des Grundgesetzes lesen, so würde er/sie sich umschauen
und fragen: gegen wen verteidigt Ihr Euch denn? Leisten wirklich alle
Männer ihren Dienst in den Streitkräften ab? Warum dürfen die Frauen auf
keinen Fall verpflichtet werden?
Mit dem Ende des Kalten Krieges ging außenpolitisch der Feind verloren,
der über vierzig Jahre hinweg die Ausrichtung der Streitkräfte als Verteidigungsarmee
bestimmt und ihre Existenz gerechtfertigt hatte. Am Persischen Golf, in
Somalia, Kambodscha und Jugoslawien wurden potentielle neue Feindbilder
und sinngebende neue Aufgaben vielfältiger Art gefunden. Handelsinteressen,
Völkerrecht, Bürgerkrieg und Menschenrechte sind plötzlich die Stichworte,
unter denen deutsche Soldaten zum weltweiten Einsatz befohlen werden.
Seinen Erfolg verdankte dieser außenpolitische Transformationsprozess
einer Salamitaktik, durch die politische und verfassungsrechtliche Realitäten
geschaffen wurden, die noch wenige Jahre vorher für undenkbar gehalten
wurden - nicht selten von den Protagonisten der Veränderungen selbst.
Die Bundeswehr tritt in der Welt in neuem Gewande auf: im Gewande des
Interventionismus.
In diesem Prozess sind nicht nur die Ideale des Pazifismus, sondern auch
Vorstellungen von alternativer Konfliktlösung in den Hintergrund getreten.
Die Bundeswehr und ihr neues Selbstverständnis genießen inzwischen ein
hohes Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz; ihre grundsätzliche Existenz
wird kaum noch in Frage gestellt. Dieser schleichenden Entwicklung der
letzten Jahre wollen wir mit diesem Heft eine Stimme entgegenstellen,
die sich zum Pazifismus bekennt und fragt: wozu noch diese Armee?
Die veränderte Aufgabenstellung hat jedoch ebenso wie sinkende Wehretats,
ein zunehmendes Unbehagen mit der allgemeinen Wehrpflicht und jüngst das
Urteil des EuGH zur Gleichbehandlung von Frauen in den Streitkräften auch
Auswirkungen auf die Stellung und Struktur der Bundeswehr in unserer Gesellschaft.
Die allgemeine Wehrpflicht als eine der intensivsten denkbaren Beeinträchtigung
von Freiheitsrechten erscheint angesichts der veränderten Weltlage und
den neuen Aufgaben der Bundeswehr nur noch schwer zu rechtfertigen. Die
Neuformierung der Bundeswehr durch die Bundesregierung macht Wehrpflichtige
zunehmend überflüssig und gerät zudem in Konflikt mit der Wehrgerechtigkeit.
So erfüllt die Wehrpflicht mehr und mehr eine Alibifunktion. Trotzdem
wird auch weiterhin totalen Kriegsdienstverweigerern ihre freie Gewissensentscheidung
verweigert. Dabei sind gerade sie es, die immer wieder von neuem deutlich
machen: wir wollen eine Welt ohne die Bereitschaft zum Einsatz militärischer
Gewalt.
|
|