Am 16.10.2019 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Lohnklagen zweier rumänischer Bauarbeiter gegen die Investorin des Einkaufszentrums „Mall of Berlin“ abgewiesen. Die Baustelle des Shopping- und Wohnungskomplexes in Berlin-Mitte war schon vor Jahren als „Mall of Shame“ in Verruf geraten. Dabei ging es um menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und Hungerlöhne, welche häufig erst gar nicht ausgezahlt wurden. Betroffen waren vor allem migrantische Arbeiter*innen. Doch einige von ihnen setzten sich mit Unterstützung des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union Berlin zur Wehr. Die zwei klagenden Bauarbeiter hatten zwar 2015 eine erste Lohnklage gegen das sie beschäftigende Unternehmen gewonnen. Dieses meldete anschließend aber einfach Insolvenz an, eine in diesem Bereich allzu oft auftretende Methode, um sich Lohnforderungen zu entziehen. Erst nachdem auch der Generalunternehmer pleiteging, wendeten sie sich an die Bauherrin, die HGHU Leipziger Platz GmbH & Co. KG. Die rechtliche Frage, mit der sich das Arbeitsgericht Berlin 2017 beschäftigen musste, war, ob im Falle der Insolvenz des Generalunternehmers die eigentliche Bauherrin als Bürgin für die Löhne haften muss. Denn die sogenannte Generalunternehmerhaftung nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmerentsendegesetz greift nur im Verhältnis von General- und Subunternehmer*in. Die Bauherrin ist jedoch nur dann als Generalunternehmerin haftbar, wenn sie auch gleichzeitig Bauträgerin ist. Dies wurde jedoch durch alle Instanzen hindurch bis nun zum BAG verneint und damit eine Haftung der Investorin abgelehnt.
Die Arbeitsbedingungen vieler migrantischer Arbeiter*innen, nicht nur aber gerade, auf deutschen Baustellen sind nicht bloß ein Ausdruck der kapitalistischen Produktionsweise, sondern auch eines tiefsitzenden gesellschaftlichen und institutionellen Rassismus. Denn obwohl nur ein Teil der Missstände an die Öffentlichkeit gelangt, sind die Bedingungen hinreichend bekannt. Trotzdem wird kaum dagegen vorgegangen. Die jüngst geplante Generalunternehmerhaftung in der Paketbranche ist nicht mehr als der bekannte Tropfen auf dem heißen Stein. Es fehlt zumeist an wirksamen Kontrollen, da die zuständigen Behörden nicht über ausreichend Personal verfügen. So lange die Lebens- und Arbeitsbedingungen migrantischer Arbeiter*innen großen Teilen der Gesellschaft und der Staatsverwaltung faktisch egal sind und solange es keine wirksamen Gesetze und Maßnahmen gegen ihre Ausbeutung gibt, werden sich Vorkommnisse wie bei der Mall of Berlin immer weiter wiederholen.