Fast 15 Jahre nachdem Oury Jalloh in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers verbrannte, hat das OLG Naumburg entschieden, dass dieser Fall weiterhin nicht strafgerichtlich aufgeklärt wird. Das OLG Naumburg hat den Antrag auf Klageerzwingung (Az. 1 Ws (gE) 1/19) verworfen: er sei weder zulässig noch begründet; insbesondere sei kein hinreichender Tatverdacht gegeben. Damit sind in dieser Sache nun alle ordentlich-rechtlichen Rechtsmittel ausgeschöpft.
Der Antrag war mit einem neuen radiologischen Gutachten begründet worden, welches mehrere Knochenbrüche vor Todeseintritt Jallohs durch äußere Gewalteinflüsse nahelegt. Der Antragsteller hält eine Vertuschungsabsicht bezüglich dieser Körperverletzungen für ein mögliches Mordmotiv der zwei Polizeibeamten. Für das OLG hingegen sind die Knochenbrüche weder bewiesen und noch stellten sie ein Motiv für einen Verdeckungsmord dar.
Die aktuelle Entscheidung reiht sich in eine Historie von Auffälligkeiten im Rahmen der Oury Jalloh-Prozesse ein: Auf Grundlage eines externen Brandgutachtens wurde 2014 von der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau ein erneutes Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses wurde ihr dann aber von der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg entzogen und der Staatsanwaltschaft Halle zugewiesen. Letztere stellte das Ermittlungsverfahren ein, mit der Begründung ein, es läge kein eindeutiges Ergebnis bezüglich einer Brandlegung durch Dritte vor.
Eine Kontinuität, die sich hier fortsetzt, ist, dass die Angehörigen des Verstorbenen einen maßgeblichen Beitrag zur Ermittlungsarbeit leisten, etwa indem sie Sachverständigengutachten einholen. Die Staatsanwaltschaften hingegen, deren originäre Aufgabe die objektive Ermittlung von Sachverhalten ist, präsentieren sich in den Verfahren rund um den Tod Oury Jallohs regelmäßig als Antagonist. Auch im aktuellen Beschluss verneint sie einen hinreichenden Tatverdacht und das im Widerspruch zu einem wissenschaftlichen Gutachten – ihre Argumentation ist kaum nachvollziehbar und erscheint fadenscheinig.
Eher träge gestaltet sich auch die politische Aufarbeitung: Der sachsen-anhaltische Landtag hat die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses abgelehnt. Stattdessen wurden im Juni 2018 zwei juristische Berater eingesetzt, die die Ermittlungstätigkeiten auf Fehler hin überprüfen sollen – bisher ohne Ergebnis.
Als allerletzte Möglichkeit gerichtlicher Klärung haben sich die Angehörigen Jallohs nun entschieden, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Es bleibt zu hoffen, dass in diesem Rahmen insbesondere die gerügte Verletzung der Rechtsweggarantie und dem Recht auf rechtliches Gehör aufgeklärt wird.