An früherer Stelle wurde bereits in der Forum Recht (01/20) über ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes München (LAG) vom 04.12.2019 berichtet. Dieses hatte entschieden, dass ein sogenannter Crowdworker nicht die Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft erfülle und somit auch kein Arbeitsverhältnis mit der ihn vermittelnden Internetplattform zustande gekommen sei (weitere Details zum Ausgangsfall in Forum Recht 01/20, S. 22).
Wie zu erwarten ging der von der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) vertretene Kläger in Revision. Daher folgte nun ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 1. Dezember 2020 – 9 AZR 102/20). Das BAG hält fest, dass eine zwischen Crowdworker und Online-Plattform (Crowdsourcer) geschlossene rechtliche Beziehung durchaus als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sein kann. Denn der Kläger führte in einem Zeitraum von elf Monaten nicht weniger als 2.978 Aufträge aus, bis die Plattform ihm in Erwartung rechtlicher Probleme im Februar 2018 keine weiteren Aufträge mehr anbot.
Daraufhin erhob der Crowdworker Klage auf Feststellung, dass zwischen ihm und dem Crowdsourcer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Voraussetzung hierfür ist wiederum, dass er die Arbeitnehmereigenschaft nach § 611a BGB besitzt. Eben diese bejaht das BAG klar, da der Kläger „in arbeitnehmertypischer Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit“ leistete. § 611a BGB gibt zwar in Abs. 1 S. 2-4 die drei zentralen Kriterien zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft vor. Entscheidend ist jedoch immer eine Gesamtbetrachtung nach S. 4. Das BAG betont daher auch, dass das Anreizsystem der Online-Plattform, welches die erfolgreiche Erledigung von Kleinaufträgen mit einem Aufstieg im Bewertungssystem goutiert, den Kläger dazu veranlasst hat, immer mehr dieser Kontrolltätigkeiten auszuführen.
Trotzdem hat das BAG die Revision des Klägers überwiegend zurückgewiesen. Denn die vorsorgliche Kündigung der Online-Plattform sei rechtmäßig gewesen. Über die Höhe der dem Crowdworker zustehenden Vergütung hat nun wiederum das LAG zu entscheiden, mangels einschlägiger Bestimmung auf Grundlage des § 612 Abs. 2 BGB.
Das Urteil dürfte trotzdem wegweisend sein und hoffentlich viele weitere Crowdworker*innen dazu veranlassen, ihre Rechte als Arbeitnehmer*innen gerichtlich einzufordern. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis die Plattform-Betreiber*innen neue rechtliche Schlupflöcher gefunden haben. Aber auch die IG Metall wird an dem Thema dran bleiben.