Nach einem jahrelangen Rechtstreit zwischen einem „Pick-up-Artist“ und dem Allgemeinen Studierendenausschuss der Goethe-Universität Frankfurt (AStA), hat das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) dem AStA nun Recht gegeben (OLG Frankfurt a. M. Urt. v. 4.2.2021 – 16 U 47/20). Dieser hatte 2015 in der AStA-Zeitung zwei Artikel veröffentlicht, die sich kritisch mit einem selbsternannten „Pick-Up-Artist“ der Frankfurter Agentur „Casanova Coaching“ auseinandersetzten. Im Rahmen dieser Berichterstattung wurde sowohl der Vorname, als auch der Arbeitsplatz des „Pick-up-Artist“ genannt und die „Pick-up-Artist-Szene“ als frauen*feinlich, sexuell bedrängend und grenzüberschreitend eingeordnet.
Die betreffende Person sah sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und klagte vor dem Landgericht, welches ihm Recht gab: Nicht nur gebe es kein hinreichendes öffentliches Interesse an einer identifizierenden Berichterstattung, der AStA könne sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch nicht auf Grundrechte und somit auch nicht auf die Meinungs- und Pressefreiheit berufen. Da im Fall keine studentischen Interessen berührt seien, dürfe der AStA hierzu auch keine Artikel veröffentlichen.
Das OLG entschied nun, dass diese Berichterstattung rechtmäßig war. Zwar betreffe die Berichterstattung den Bereich der Sozialsphäre des Klägers. Allerdings bestehe ein hohes öffentliches Interesse an einer Auseinandersetzung mit der „Pick-up-Artist-Szene“, auch weil es in Frankfurt 2015 vermehrt zu Übergriffen an der Universität kam. Zudem habe sich der Kläger durch seine übergriffigen Aktivitäten online und im Fernsehen selbst in die Öffentlichkeit begeben.
Das Urteil stellt außerdem klar, dass sich zumindest die Verfasser*innen der Artikel auf die Meinungsfreiheit berufen können. Da es dem AStA zur Förderung der politischen Bildung erlaubt sei, eine Zeitung zu veröffentlichen, müsse auch die Meinungsfreiheit der Verfasser*innen gewährleistet werden. Artikel 5 Grundgesetz auch garantiere insoweit auch, frei über den Ort der Meinungsäußerung zu entscheiden. Das Urteil setzt insofern neue Maßstäbe bei der Frage, auf welche Grundrechte sich Studierendenvertretungen berufen können.
Zudem stärkt das OLG das Recht der Presse, bei der Berichterstattung auch die Namen öffentlich auftretender Personen nennen zu dürfen. Gleichzeitig setzt es auch ein wichtiges Zeichen gegen sexualisierte Gewalt, geschlechterspezifische Belästigung und Diskriminierung an der Universität.