Mit Beschluss vom 01. Dezember 2020 (2 BvR 916/11, 2 BvR 636/12) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die elektronische Aufenthaltsüberwachung, bekannt als „elektronische Fußfessel“, für verfassungskonform erklärt.
Elektronische Fußfesseln sind Empfangsgeräte, die es ermöglichen, die damit bestückte Person rund um die Uhr über GPS zu orten. Mit § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 Strafgesetzbuch wurde eine entsprechende Befugnis 2011 eingeführt, zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach dem damals geltenden Recht eine Sicherheitsverwahrung von über 10 Jahren für konventionswidrig erklärt.
Die Beschwerdeführer rügten wegen der Weisung, Fußfesseln zu tragen, eine Verletzung ihrer Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) in Form der informationellen Selbstbestimmung und des Anspruchs auf Resozialisierung. Für eine Menschenwürdeverletzung müssten die Betroffenen durch die Dauerüberwachung zu einem bloßen Objekt der Staatsgewalt werden. Die Beschwerdeführer machten wegen Möglichkeit der dauerhaften Ortung genau das geltend – die gesammelten Daten hielt das BVerfG aber für zu wenig intim.
Eine Rechtfertigung des trotzdem extrem schwerwiegenden Eingriffs in die informationelle Selbstbestimmung war schließlich wegen des wichtigen Ziels, dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter wie Leib und Leben, möglich. Insbesondere hat der Gesetzgeber einen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Geeignetheit elektronischer Fußfesseln bei der Verhinderung von Straftaten — Sachverständige haben ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit, aber mangels Langzeitstudien könne sie (noch) nicht verneint werden. Auch stehe die Maßnahme nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck, weil die Speicherung und Verwendung der Daten Fristen und hohen Anforderungen an die Gefahrenprognose unterliege. Fragwürdig ist hier, dass für die Gefahrenprognose die Feststellungen des ursprünglichen, meist Jahre alten Strafurteils herangezogen werden können. Auch den die Resozialisierung erschwerenden Stigmatisierungseffekt hielt das BVerfG für hinnehmbar: Die sogar im Bett zu tragenden Fußfesseln seien im Alltag gut unter Hosen zu verbergen.
Damit bleibt eine einschneidende Überwachungsmaßnahme legal, die an der Verfassungswidrigkeit kratzt und sowohl einer sehr sensiblen Handhabe als auch weiterer Evaluation hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bedarf. In der sicherheitspolitischen Diskussion geht der Trend dagegen zur deutlichen Ausweitung ihrer Anwendung auch ins Polizeirecht.