Schon seit geraumer Zeit herrscht Unsicherheit bei vielen Personen, wenn es um die Frage geht, ob Polizist*innen bei Einsätzen gefilmt werden dürfen. So hörte man immer wieder über Polizeibeamt*innen die sich auf die Vertraulichkeit des Wortes und damit auf § 201 Strafgesetzbuch (StGB), den sogenannten ‚Abhörparagraphen‘, beriefen. In vielen Fällen auch Betroffenen ihre Handys abnahmen und mit Strafanzeige drohten. Das Landgericht Osnabrück (LG) widersprach dieser Darstellung nun mit Urteil vom 24.09.2021 (Az. Qs 49/21). In dem zugrunde liegenden Fall hatten Polizeibeamt*innen in der Osnabrücker Innenstadt eine widerständige Person auf dem Boden fixiert und mehrere Platzverweise gegenüber protestierenden Umstehenden ausgesprochen. Eine Person filmte den Vorgang trotz Aufforderungen der Beamt*innen dies zu unterlassen, woraufhin das Handy gegen den Willen der Person sichergestellt wurde.
Das Amtsgericht Osnabrück erklärte die Beschlagnahmung noch für rechtmäßig. Das LG hingegen sah keinen Anfangsverdacht auf eine strafbare Handlung. § 201 StGB erfasse keine Äußerungen im öffentlichen Verkehrsraum. Auch schütze die Vorschrift die Unbefangenheit der mündlichen Äußerung. Diese Unbefangenheit sei aber bei „dienstlichem Handeln, das rechtlich gebunden sei und der rechtlichen Überprüfung unterliege, nicht tangiert“. Das LG führte auch an, dass gemäß § 208 a StGB das Anfertigen von Bildaufnahmen im öffentlichen Raum bis auf wenige Ausnahmen straffrei sei und es nicht ersichtlich sei, weshalb Tonaufnahmen strenger geahndet werden sollten. Die Sicherstellung des Handys war somit rechtswidrig. Auch wenn das Urteil vielerorts auf große Zustimmung und Erleichterung traf, insbesondere was die Möglichkeiten in Bezug auf die Dokumentation von Polizeigewalt betrifft, fehlt es jedoch nach wie vor an einer einheitlichen Bewertung und einem Grundsatzurteil. So kann neben § 208 StGB auch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nach §823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz betroffen sein und es können zivil- und strafrechtliche Konsequenzen beim Hochladen oder Verbreiten der Aufnahmen im Internet drohen. Betroffene müssen das Urteil somit auch weiterhin mit Vorsicht genießen.