Der Vergleich der eigenen Situation mit dem Unvergleichbaren, der systematischen Verfolgung und Massenvernichtung von Jüd:innen durch das NS-Regime, hat im postnazistischen Deutschland seit jeher Hochkonjunktur. Zuletzt fanden „Opfersehnsucht und Judenneid“ (Eike Geisel) ihren Ausdruck im Querdenken-Milieu – speziell in der Verwendung des „Ungeimpft“-Sterns, der auf dem „Judenstern“ basiert, welcher Jüd:innen ab 1941 von den Nazis aufgezwungen wurde. Ob ein derartiger Missbrauch des Symbols eine strafbare Verharmlosung des Holocausts nach § 130 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) darstellt, wird von der Rechtsprechung bisher nicht einheitlich beantwortet, wie zwei obergerichtliche Entscheidungen aus den letzten Jahren zeigen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht (Az. 205 StRR 240/20) bejahte diese Frage mit Blick auf ein Plakat, das im Umfeld des AfD-Bundesparteitags gezeigt und auf Twitter veröffentlicht wurde. Unter der Aufschrift „Hetze in Deutschland“ wurde ein „Judenstern“ mit den Jahreszahlen 1933–1945 und daneben das Logo der AfD mit dem Zusatz „2013 – ?“ abgebildet. Das Gericht deutete dies als Vergleich der Stimmung gegen die AfD mit dem nationalsozialistischen Massenmord, worin es eine tatbestandsmäßige Verharmlosung des Holocaust erkannte. Damit erteilte es gleichsam der juristisch abgefeimten Verteidigung eine Absage, der Angeklagte habe nicht auf den Holocaust, sondern nur auf die öffentliche Hetze gegen Jüd:innen Bezug genommen.
Die von § 130 Abs. 3 StGB geforderte Eignung zur Störung des öffentlich Friedens stützten die bayerischen Richter:innen darauf, dass ein derartiges auf Breitenwirkung angelegtes Verharmlosen der Massenvernichtung zur Vergiftung des politischen Klimas geeignet sei, weil es Würde und Ansehen Betroffener in einem unerträglichen Maße tangiere. In einem ähnlich gelagerten Fall ließ das Saarländische Oberlandesgericht (Az. Ss 72/2020 [2/21]) die Strafbarkeit jedoch an dieser Voraussetzung scheitern. Gegenstand des Verfahrens war die Darstellung eines „Judensterns“, der mit den Aufschriften „nicht geimpft“, „AFD Wähler“, „SUV Fahrer“ und „Islamophob“ auf Facebook gepostet wurde. Nach dem Bundesverfassungsgericht, das den öffentlichen Frieden im Lichte der Meinungsfreiheit eng auslegt, könne ein bloße Vergiftung des politischen Klimas nicht genügen. Der Beitrag habe das erforderliche Niveau nicht erreicht, da er gerade nicht darauf abziele, zu Gewalttaten anzustacheln oder die Hemmschwelle zur Begehung von Handlungen mit rechtsgutgefährdenden Folgen herabzusetzen.