Protest gegen Rechts wird erschwert. Der Versuch der Blockade eines AfD-Parteitags soll keine Versammlung sein: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg entschied, dass sogenannte Verhinderungsblockaden weder in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch in den Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes fallen (Urteil vom 18.11.2021 – Az. VGH 1 S 803/19).
Bei der kurzzeitigen Blockade eines Kreisverkehrs, der die Zufahrt zum AfD-Parteitag 2016 bei Stuttgart ermöglichte, wurden erstinstanzlich mehrere polizeiliche Maßnahmen gegen einen Blockadeteilnehmer für rechtswidrig erklärt. Mangels ordnungsgemäßer Auflösung der Versammlung könnten diese nicht auf das allgemeine Polizeirecht, sondern nur auf das speziellere Versammlungsrecht gestützt werden. So weit, so polizeifest.
Dagegen legte das Land Baden-Württemberg erfolgreich Berufung ein. Der VGH entschied in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Bei Blockaden sei zu unterscheiden, ob ihr Hauptzweck in der selbsthilfeähnlichen Durchsetzung eigener Forderungen liege (sog. Verhinderungsblockade) oder nur die symbolische Wirkung der Blockade als Mittel zur Kommunikation genutzt werde (sog. demonstrative Blockade). Da nach dem engen Versammlungsbegriff Zusammenkünfte „auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet“ sein müssen, um als Versammlungen zu gelten, seien Verhinderungsblockaden bereits tatbestandlich nicht davon erfasst; die Absicht zu verhindern stelle lediglich die Durchsetzung eigener Forderungen dar. Somit sei auch ohne Auflösung Polizeirecht direkt anwendbar.
Zur Abgrenzung, ob eine Blockade demonstrativ oder mit Verhinderungsabsicht erfolgt, werden anschließend aber im Wesentlichen die Kriterien der Unfriedlichkeit herangezogen. Damit wird der Grundsatz aufgeweicht, dass unfriedliche Versammlungen zwar nicht von Art. 8 Abs. 1 GG, wohl aber durch das Versammlungsgesetz geschützt sind. Auch die politischen Transparente und Sprechchöre der Blockade reichten dem Gericht nicht, um ihr den Zweck der „Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung“ zu attestieren. Die Einordnung als bloße Ansammlung führt dazu, dass das Versammlungsgesetz samt Polizeifestigkeit nicht greift. Als potentielle*r Teilnehmer*in dürfte man kaum mehr unterscheiden können, ob eine Blockade nun eine Versammlung darstellt oder nicht.
Das Urteil reiht sich damit in eine fragwürdige, wenn auch uneinheitliche, Rechtsprechung der letzten Jahre ein, die in der Tendenz „Verhinderungsblockaden“ den grundrechtlichen und einfachgesetzlichen Schutz der Versammlungsfreiheit entzieht.