Die rechtsextreme Partei „Der III. Weg“ nutzte im Bundestagswahlkampf Plakate mit der Aufschrift „HÄNGT DIE GRÜNEN!“. Darunter fand sich kleingedruckt der Aufruf, die Partei und ihre Ziele bundesweit bekannt zu machen. Nachdem die Stadt Zwickau vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz mit dem Versuch unterlag, diese abnehmen zu lassen (Az. 7 L 393/21), gab das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen der Beschwerde statt (Az. 6 B 360/21).
Das OVG begründete seinen Beschluss mit dem objektiven Sinn der Äußerung. Zunächst stellte es klar, dass sich der „III. Weg“ bei seiner Wahlwerbung auf die Meinungsfreiheit berufen könne.
Ihre Grenze finde diese jedoch im Verstoß gegen allgemeine Straftatbestände wie den der Volksverhetzung (§ 130 Strafgesetzbuch). Das sächsische Gericht führt weiter aus, dass Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Äußerungen sei, ihren objektiven Sinn zutreffend zu erfassen. Hierbei entspreche der Maßstab dem eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums, welches insbesondere Kontext und Begleitumstände der Äußerung berücksichtigt.
Vorliegend würde die durchschnittliche Betrachter:in annehmen, das Plakat fordere dazu auf, die Mitglieder der Partei Bündnis 90/Die Grünen zu hängen. Fernliegend sei indes die Annahme, es gehe wegen der kleingedruckten Bildunterschrift darum, die Plakate des III. Wegs aufzuhängen. In der Folge sei die Aufschrift als tatbestandsmäßige Volksverhetzung zu qualifizieren. Denn sie beinhalte die Aufstachelung zum Hass und verletzte die Menschenwürde der Mitglieder der Grünen. Weiterhin sei sie geeignet, das politische Klima zu vergiften. Dabei verweist das Gericht darauf, dass ähnlichen Aufforderungen in der Vergangenheit auch Taten folgten. Genannt werden der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke und die Anschläge von Halle 2019 und Hanau 2020. Diese Ereignisse zeigten, dass die Aussage nicht hinzunehmen sei, sondern eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden darstelle und somit die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreite.
Mit ähnlicher Begründung erkannte auch das LG München den Grünen einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die besagten Plakate zu (Az. 25 0 12449/21). Beide Entscheidungen betonen, dass die rechtliche Bewertung von Meinungsäußerungen kontextabhängig erfolgen muss und nicht pauschal getroffen werden kann. Wichtig für die rechtliche Bewertung ist die Einbeziehung aktueller gesellschaftlicher Ereignisse wie der genannten rechtsextremistischen Anschläge in die Bedeutungsanalyse der Aussage – ein Standard, den es auch künftig einzuhalten gilt.