Das in den USA sehr einflussreiche Urteil „Roe v. Wade“, das den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in allen Bundesstaaten schützte, wurde am 24.06.2022 vom Supreme Court gekippt – am gleichen Tag also, an dem in Deutschland der § 219a StGB gestrichen wurde1. Diese Entscheidung, „Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization“, wirkt sich seither nicht nur für all jene fatal aus, die unfreiwillig schwanger sind.
Bis 2022 ordnete das Grundsatzurteil Roe v. Wade die Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch der Privatsphäre der betroffenen Person zu und stellte die Entscheidung so unter den Schutz der Verfassung der USA. Durch „Dobbs v. Jackson“ entfällt dieser Schutz. Als dieser Artikel entsteht, liegt die Entscheidung „Dobbs v. Jackson“ etwa ein halbes Jahr zurück. Bereits in dieser kurzen Zeit hat sich – wie zuvor befürchtet – die Situation für Betroffene stark verschlechtert.
Roe v. Wade – historischer Hintergrund
Das sogenannte „case law“ spielt in den USA eine sehr viel größere Rolle als in Deutschland. Ausführliche Erklärungen würden an dieser Stelle den Rahmen dieses Artikels sprengen. Kurz festhalten lässt sich, dass einzelne Urteile das geltende Recht in Deutschland zwar auch beeinflussen, dieser Einfluss durch Urteile auf die geltende Rechtslage in den USA jedoch sehr viel weitreichender ist. Aus diesem Grund bezieht sich dieser Artikel vor allem auf die beiden Urteile „Roe v. Wade“ und „Dobbs v. Jackson“ und weniger etwa auf einzelne Rechtsnormen.
Das Urteil, das gekippt wurde, wurde bekannt unter dem Namen „Roe v. Wade“, also „Roe gegen Wade“. Roe und Wade waren dabei die Namen der Prozessparteien: 1970 reichte Jane Roe, die eigentlich anders hieß, in Dallas County in Texas Klage ein; der Name des dort zuständigen Staatsanwaltes war Henry Wade.2 Im Zentrum der Entscheidung stand die Frage, ob das damalige texanische Recht, nach welchem es für Ärzt*innen illegal war, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, die nicht der Rettung des Lebens der schwangeren Person dienten, im Widerspruch zur amerikanischen Verfassung stand.3
Dies wurde im Urteil Roe v. Wade bejaht. Von da an bestand in den USA also im Grundsatz ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche für ungewollt schwangere Personen, das aus dem Recht auf Schutz der Privatsphäre aus dem 14. Zusatzartikel zur Verfassung abgeleitet wurde. Dies galt für die gesamten USA. Einzelne Staaten durften keine hiergegen verstoßenden Gesetze durchsetzen, sondern mussten die in Roe v. Wade festgeschriebenen Grundsätze achten. Weitere Entscheidungen des Supreme Court bestätigten in den folgenden Jahren die Existenz des Rechts auf Schwangerschaftsabbrüche und sicherten zum Beispiel den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen weiter ab. Auch diese Grundsätze mussten von den Bundesstaaten geachtet werden.
Der Tod von Ruth Bader Ginsburg
Die Richterin am Supreme Court Ruth Bader Ginsburg, die als „RBG“ oder auch „notorious RBG“ bekannt wurde, hatte sich in ihrer Zeit als Richterin unter anderem für den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen eingesetzt. Im Jahr 2020 kam es in Folge ihres Todes zu großer Aufregung bezüglich der Besetzung des von ihr hinterlassenen Sitzes im Supreme Court. Und damals schon wurde die Sorge geäußert, dass der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in den USA in großer Gefahr sei.4
Aber zunächst einen Schritt zurück: Um die damaligen Geschehnisse nachvollziehen zu können, braucht es ein wenig Hintergrundwissen zum Supreme Court. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Bundesgerichtshof (BGH) und Supreme Court unterscheiden sich selbstverständlich in vielen Punkten grundlegend. Für den Zweck dieses Artikels muss an dieser Stelle folgende Ausführung genügen: Während Richter*innen des Bundesverfassungsgerichts für eine Amtszeit von zwölf Jahren gewählt werden, und ihre Wiederwahl ausgeschlossen ist, werden die Richter*innen des Supreme Court der USA auf Lebenszeit berufen.5 Eine Altersgrenze oder ähnliches gibt es für den Supreme Court nicht.
Ruth Bader Ginsburg erlangte noch Zeit ihres Lebens einen ikonenartigen Status in den USA.6 Sie war erst die zweite Frau, die einen Sitz im Supreme Court innehatte, und setzte sich neben anderen Themen auch für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein.7 Ihre unterschiedlichen und vielseitigen Kragen, die sie auf ihrer schwarzen Richterinnenrobe trug, und mit denen sie sich die ursprünglich für Männer gemachten und vorgesehenen Roben aneignete, haben sich zu einem Symbol mit Wiedererkennungswert entwickelt.8 Am 18. September 2020 verstarb sie in Folge einer Krebserkrankung im Alter von 87 Jahren.
Ist ein Sitz im Supreme Court nicht besetzt, so nominiert der Präsident der USA (bisher waren es nur Präsidenten) eine*n Kandidat*in. Zu dieser Zeit war Trump Präsident, doch die nächste Präsidentschaftswahl sollte bereits am 03. November 2020 stattfinden. Trump wollte die von ihm im Ende September 2020 als Nachfolgerin von Ruth Bader Ginsburg nominierte katholische und streng konservative Amy Coney Barrett noch vor der damals anstehenden Präsidentschaftswahl Anfang November 2020 ins Amt bringen.9 Dies stieß auf große Kritik.
Während die Republikaner*innen 2016 den damals durch den damaligen Präsidenten Obama nominierten Kandidaten für den Supreme Court noch mit dem Argument blockiert, dass Sitze des Supreme Courts in Wahljahren grundsätzlich nicht neu besetzt werden sollten, argumentierten sie 2020, dass die Situation nun eine andere sei, da nun eine Partei sowohl im Senat als auch im Weißen Haus die Mehrheit hätte.10
Am Ende setzten sich Trump und die Republikaner*innen durch. Amy Coney Barrett, zu diesem Zeitpunkt 48 Jahre alt, wurde noch vor der anstehenden Präsidentschaftswahl auf Lebenszeit zur Richterin des Supreme Courts ernannt und die Mehrheit des Supreme Courts ist seither – bis eine*r der auf Lebenszeit ernannten Richter*innen ausscheidet – durch diese Hauruck-Aktion nun statt wie zuvor mit einer Mehrheit von 5:4 nun mit einer Mehrheit von 6:3 konservativ.11 Die zuvor bereits herrschenden Mehrheitsverhältnisse wurden so noch einmal zementiert: bei einem Verhältnis von 5:4 hatte ein abweichendes Votum einer*s konservativen Richters*in gereicht, um zumindest bei einzelnen Themen liberalere Entscheidungen zu fällen. Mit einer konservativen Mehrheit von 6:3 sind auch einzelne liberalere Entscheidungen dagegen noch einmal unwahrscheinlicher geworden.
Nun könnte man meinen, dieser Prozess sei zwar suboptimal gelaufen, der Sitz, den zuvor Ruth Bader Ginsburg bekleidete, aber ja nun immerhin wieder mit einer Frau wieder besetzt worden – aus Quotensicht also vielleicht doch noch einmal gut gegangen? Doch diese Sichtweise, die zu oberflächlich auf der Geschlechterquote verharrt, verkennt die Gefahr, die von Amy Coney Barrett als Richterin des Supreme Court ausgeht. Schließlich handelt es sich bei ihr gerade um eine Frau, die sich explizit gegen die in der Vergangenheit hart erkämpften Rechte für marginalisierte Menschen einsetzt. Dass sie eine Frau ist, ändert hieran nichts.
Roe v. Wade wird gekippt
Nachdem in Mississippi 2018 ein Gesetz erlassen worden war, nach welchem fortan fast alle Schwangerschaftsabbrüche nach der 15ten Woche in Mississippi illegal waren, klagte die einzige Einrichtung, die dort Schwangerschaftsabbrüche durchführen durfte, die Jackson Women‘s Health Organization, gegen dieses neue Gesetz.12 Zunächst hatte diese Klage auch Erfolg, da sich die zuständigen Gerichte nach den vorherigen Entscheidungen des Supreme Courts richten mussten, wonach Schwangerschaftsabbrüche vor Lebensfähigkeit des Ungeborenen außerhalb des Körpers der schwangeren Person nicht verboten werden durften – und da Mississippi nicht darlegen konnte, dass ein Ungeborenes zum Zeitpunkt der von ihnen festgeschriebenen 15-Wochen-Grenze lebensfähig sei, genügte das Gesetz den Anforderungen nicht.13 Mississippi wandte sich hierauf hin an den Supreme Court.
Ein Entwurf der Entscheidung des Supreme Courts wurde vorab am 02.05.2022 von politico.com geleakt.14 Der Leak des Dokumentes und dessen Inhalt verstärkten Befürchtungen, dass Roe v. Wade, und somit das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in den USA bald Geschichte werden könnte.
Am 24.06.2022 wurde Roe v. Wade dann auch tatsächlich vom Supreme Court in der Entscheidung „Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization“ gekippt: Die Verfassung verleihe kein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, diese würden nicht in der Verfassung genannt und ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche sei weder tief in der US-amerikanischen Geschichte verwurzelt, noch ein für die freiheitliche Ordnung wesentlicher Bestandteil.15
Von „trigger laws“ und weiteren Gruseligkeiten
Seit Roe v. Wade Geschichte ist, liegt die Verantwortung für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Schwangerschaftsabbrüche legal oder illegal sind, bei den einzelnen Bundesstaaten.16
In neun17 Staaten gab es noch alte Gesetze aus der Zeit vor dem Erlass von Roe v. Wade, die Schwangerschaftsabbrüche verboten, und die, solange Roe v. Wade galt, lediglich nicht angewandt werden konnten. Dreizehn18 Staaten hatten in jüngerer Zeit Gesetze erlassen, sogenannte „trigger laws“19, die greifen sollten, sobald Roe v. Wade Geschichte wäre – manche sofort, andere nach 30 Tagen, und wieder andere nach weiteren prozessualen Schritten, die jedoch jeweils höchstens wenige Tage, wenn nicht eher wenige Stunden dauern würden.20 Folgende Staaten hatten laut dem Guttmacher Institute trigger laws: Arkansas, Idaho, Kentucky, Louisiana, Mississippi, Missouri, North Dakota, Oklahoma, South Dakota, Tennessee, Texas, Utah, und Wyoming.21 Und obwohl die meisten dieser trigger laws Ausnahmen vorsähen, also keine vollständigen Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen darstellten, seien diese Ausnahmen derart eng, dass sie zu kaum mehr dienen könnten, als den bloßen Anschein zu erwecken, die Gesetze wären weniger drakonisch.22
Auch die Anzahl der vor einigen Jahren selbst von den Republikaner*innen noch abgelehnten no exemption laws, also der Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen, die keine Ausnahmen, nicht einmal für durch sexualisierte Gewalt, inklusive inzestuöser Gewalt, verursachte Schwangerschaften vorsehen, steigt: 2019 hatte der damalige Oppositionsvorsitzende der Republikaner derartige Gesetze noch als zu weitgehend abgelehnt, doch schon im Mai 2022, also noch bevor Roe v. Wade fiel, hatten elf Bundesstaaten derartige no exemption laws vorbereitet.23
Bereits im Juli 2022 machte dann der tragische Fall einer Zehnjährigen Schlagzeilen: Sie war vergewaltigt worden, befand sich im Bundesstaat Ohio, welcher ein bereits in Kraft getretenes no exemption trigger law für Schwangerschaftsabbrüche ab der sechsten Schwangerschaftswoche hatte, und musste folglich in einen anderen Bundesstaat reisen, um endlich die notwendige medizinische Versorgung erhalten zu dürfen.24
Unübersichtliche Lage
Die USA haben 50 Bundesstaaten, das Urteil Dobbs v. Jackson-Urteil aus dem Juni 2022 ist als dieser Artikel entsteht etwa ein halbes Jahr alt, und das Thema ist politisch stark aufgeheizt. Entsprechend schnell ergeben sich derzeit Änderungen in der Rechtslage und in der Versorgungslage in den einzelnen Staaten.
Inzwischen25 verbieten 43 Staaten Schwangerschaftsabbrüche zumindest ab einem bestimmten Punkt der Schwangerschaft; 45 Staaten ermöglichen es Mediziner*innen, die Mitwirkung an einem Abbruch zu verweigern; 42 Staaten ermöglichen es Institutionen, die Durchführung von Abbrüchen zu verweigern, und nur 16 dieser 42 Staaten beschränken dies auf private und religiöse Institutionen. 17 Staaten machen eine Beratung zur Voraussetzung eines Abbruchs, 12 dieser Staaten machen das Schmerzempfinden des Fötus zum Thema, 8 Staaten Konsequenzen für die psychische Gesundheit der abtreibenden Person, und 5 Staaten den vermeintlichen Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsabbrüchen und der Gefahr für Brustkrebs. Die vorgeschriebenen Beratungen entsprechen nicht überall in allen inhaltlichen Punkten dem Stand der Wissenschaft.26 24 Staaten machen eine Wartezeit zur Voraussetzung. 36 Staaten machen die Beteiligung der Eltern zur Voraussetzung, wenn eine minderjährige Person einen Abbruch wünscht, und hiervon setzen 27 Staaten die Zustimmung eines oder beider Elternteile zu dem Abbruch voraus.27
Nicht alle Bundesstaaten der USA sind auf dem Weg, Schwangerschaftsabbrüche zu illegalisieren. Das Center for Reproductive Rights etwa stellt in einem Bericht die Situation in den zehn Bundesstaaten Alaska, Arizona, California, Florida, Kansas, Massachusetts, Minnesota, Montana, New Jersey und New Mexiko vor, in denen Gerichte ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche nicht nur im Sinne von Roe v. Wade auf die Verfassung der USA, sondern auch direkt auf ihre jeweils eigenen Bundesstaatsverfassungen gestützt hatten.28
Einen Überblick zu behalten oder sich gar erst einen Überblick neu zu verschaffen, gestaltet sich entsprechend schwierig. Schon an diesem Punkt wird klar, dass der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen als notwendigem Teil der Gesundheitsversorgung durch den Sturz von Roe v. Wade um ein Vielfaches erschwert wurde. Dies trifft marginalisierte und mehrfach marginalisierte Menschen umso härter.
Nicht alle sind gleich stark betroffen
Wer zuvor schon Schwierigkeiten hatte, sich Informationen zu beschaffen – sei es, weil der Zugang zum Internet fehlt oder nur beschränkt (privat) zugänglich ist, die Fähigkeit zu lesen nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist, oder weil auf Grund von einer hohen Grundbelastung bereits kaum Kapazitäten für anderweitige Recherchen bleiben – wird durch diese verschärfte Lage besonders beeinträchtigt. Wer wenig oder kein Geld zur Verfügung hat, wird nun umso größere Schwierigkeiten haben, eine Reise in einen anderen Bundesstaat anzutreten, um dort medizinische Versorgung zu erhalten.
Auch vor Dobbs v. Jackson war die medizinische Versorgungslage für schwangere Personen in den USA bereits suboptimal: 1987 lag die Sterblichkeitsrate von gebärenden Personen in den USA bei 7.3 verstorbenen gebärenden Personen bei 100.000 lebendig Neugeborenen.29 Über die folgenden Jahre stieg dieser Wert stark an, bis er 2017 und 2018 bei 17.3 verstorbenen gebärenden Personen bei 100.000 lebendig Neugeborenen lag.30 Zum Vergleich: In Deutschland liegt diese Sterblichkeitsrate laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung inzwischen bei unter 4 verstorbenen gebärenden Personen bei 100.000 lebendig Neugeborenen.31
Diese Todesfälle in den USA sind zudem bezogen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen sehr ungleich verteilt: während die Sterblichkeitsrate von 2016 bis 2018 für weiße Gebärende bei 13.7 verstorbenen gebärenden Personen bei 100.000 lebendig Neugeborenen lag, betrug sie für Schwarze Gebärende 41.4 verstorbene gebärende Personen bei 100.000 lebendig Neugeborenen.32 Schwarze Gebärende hatten 2016 bis 2018 also verglichen mit weißen Gebärenden ein mehr als drei Mal höheres Risiko auf Grund medizinischer Folgen einer Schwangerschaft zu versterben.
Während in den USA viele Personen, die schwanger sind oder bis vor kurzem schwanger waren, aus medizinischen Gründen mit Verbindung zur Schwangerschaft sterben, sterben noch mehr von ihnen auf Grund von Tötungsdelikten.33 Oft bilden Gewalt in der Partnerschaft und allgegenwärtiger Besitz von Schusswaffen hier eine unheilige Allianz.34 Und wieder sind Schwarze Personen stärker gefährdet als weiße Personen.35 Gewalt in der Partnerschaft beinhaltet oft auch die Ausübung von Kontrolle über das Gebären der betroffenen Person.36 Es muss davon ausgegangen werden, dass Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen das Risiko für Betroffene noch einmal verschärfen.37 2020 war das Risiko, getötet zu werden, für schwangere und bis vor kurzem schwangere Personen auf eine um 35 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu nicht schwangeren Personen angestiegen.38
Die vermeintlichen Argumente von Abtreibungsgegner*innen, die sich selbst so gerne als „Lebensschützer und Lebenschützerinnen“ bezeichnen, klingen nicht dann erst hohl, wenn die hohe Sterblichkeit von Gebärenden beim vermeintlichen „Schutz des Lebens“ derart außen vorgelassen wird. Spätestens mit Blick auf die insbesondere im Verhältnis unglaublich hohe Sterblichkeitsrate von von Rassismus betroffenen Gebärenden sollten die Alarmglocken auch in Bezug auf Verbindungen von Abtreibungsgegner*innen zur white supremacy, also der Ideologie der weißen Vorherrschaft, läuten.39 Der Kampf für den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen als Teil einer auch darüber hinaus angemessenen medizinischen Versorgung, und eines darüber hinausgehenden gesellschaftlichen Wandels muss nicht nur feministisch und antipatriarchal, sondern auch antirassistisch gedacht werden. Das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in den USA, wie es im Sinne von Roe v. Wade seit den 70er Jahren für die gesamten USA gegolten hatte, ist nicht nur in Gefahr. Dieses Recht in dieser Form ist seit der die Entscheidung des Supreme Courts am 24.06.2022 schlicht nicht mehr existent.
Weiterführende Literatur:
Annika Brockschmidt, Amerikas Gotteskrieger, Wie die Religiöse Rechte die Demokratie gefährdet, 2021, Hamburg
State Legislation Tracker: https://www.guttmacher.org/state-policy
1 Siehe Charlotte Korenke, In Tippelschritten Richtung reproduktive Selbstbestimmung, FoR 2/22 64.
2 US Supreme Court, Urteil vom 22.01.1793 – 410 US 113 (1973) (Roe v. Wade), https://www.oyez.org/cases/1971/70-18 (alle Links: Stand 08.12.2022).
3 Ebenda.
4 Sarah McCammon, Ginsburg’s Death A „Pivot Point“ For Abortion Rights, Advocates Say, NPR, 19.09.2020, https://www.npr.org/sections/death-of-ruth-bader-ginsburg/2020/09/19/914864867/ginsburgs-death-a-pivot-point-for-abortion-rights-advocates-say.
5 U.S. Senate Committee on the Judiciary, Supreme Court Nominations, https://www.judiciary.senate.gov/nominations/supreme-court.
6 Tessa Berenson, Time, 03.12.2020, https://time.com/5914834/ruth-bader-ginsburg-collars/.
7 Ebenda.
8 Ebenda.
9 Andrej Sokolow, beck-online Datenbank, Fachnews Beitrag vom 28. September 2020, becklink 2017579.
10 Andrej Sokolow, beck-online Datenbank, Fachnews Beitrag vom 28. September 2020, becklink 2017579.
11 Legal Tribune Online, 27.10.2020, https://www.lto.de/persistent/a_id/43222/.
12 US Supreme Court, Urteil vom 24.06.2022 – 597 US _ (2022) (Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization), https://www.oyez.org/cases/2021/19-1392.
13 Ebenda.
14 Josh Gerstein / Alexander Ward, politico, 05.02.2022, https://www.politico.com/news/2022/05/02/supreme-court-abortion-draft-opinion-00029473.
15 US Supreme Court, Urteil vom 24.06.2022 – 597 US _ (2022) (Dobbs v. Jackson Women’s Health Organization), https://www.oyez.org/cases/2021/19-1392.
16 Guttmacher Institute, Abortion Policy in the Absence of Roe, https://www.guttmacher.org/state-policy/explore/abortion-policy-absence-roe.
17 Elizabeth Nash / Isabel Guarnieri, Guttmacher Institute, 13 States Have Abortion Trigger Bans – Here’s What Happens When Roe Is Overturned, 13.06.2022, https://www.guttmacher.org/article/2022/06/13-states-have-abortion-trigger-bans-heres-what-happens-when-roe-overturned.
18 Ebenda.
19 Ebenda.
20 Ebenda.
21 Ebenda.
22 Ebenda.
23 Stephanie Kirchgaessner, The Guardian, 06.05.2022, https://www.theguardian.com/world/2022/may/06/no-exception-rape-incest-anti-abortion-laws-republicans-us.
24 Mariana Alfaro, The Washington Post, 08.07.2022, https://www.washingtonpost.com/politics/2022/07/08/biden-abortion-10-year-old-rape-victim/.
25 Stand: Dezember 2022.
26 Guttmacher Institute, Counseling and Waiting Periods for Abortion, https://www.guttmacher.org/state-policy/explore/counseling-and-waiting-periods-abortion.
27 Alle Daten: Guttmacher Institute, An Overview of Abortion Laws, https://www.guttmacher.org/state-policy/explore/overview-abortion-laws.
28 Center for Reproductive Rights, State Constitutions and Abortion Rights July 2022, https://reproductiverights.org/wp-content/uploads/2022/07/State-Constitutions-Report-July-2022.pdf.
29 Centers for Disease Control and Prevention, Pregnancy Mortality Surveillance System, https://www.cdc.gov/reproductivehealth/maternal-mortality/pregnancy-mortality-surveillance-system.htm.
30 Ebenda.
31 Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Müttersterblichkeit in Deutschland (1892-2020), https://www.bib.bund.de/DE/Fakten/Fakt/S43-Muettersterblichkeit-ab-1892.html.
32 Centers for Disease Control and Prevention, Pregnancy Mortality Surveillance System, https://www.cdc.gov/reproductivehealth/maternal-mortality/pregnancy-mortality-surveillance-system.htm.
33 Harvard T.H. Chan News, 21.10.2022, https://www.hsph.harvard.edu/news/hsph-in-the-news/homicide-leading-cause-of-death-for-pregnant-women-in-u-s/; Jacqueline Howard, CNN, 20.10.2022, https://edition.cnn.com/2022/10/20/health/homicide-maternal-mortality-us-editorial/index.html.
34 Ebenda.
35 Ebenda.
36 Harvard T.H. Chan News, 21.10.2022, https://www.hsph.harvard.edu/news/hsph-in-the-news/homicide-leading-cause-of-death-for-pregnant-women-in-u-s/; Lawn, BMJ News Release, 19.10.2022, https://www.bmj.com/company/newsroom/homicide-is-a-leading-cause-of-death-in-pregnant-women-in-the-us/.
37 Ebenda.
38 Wallace, AJPH, Trends in Pregnancy-Associated Homicide, United States, 2020, 15.08.2022, https://ajph.aphapublications.org/doi/abs/10.2105/AJPH.2022.306937.
39 Weiterführende Literatur hierzu: Annika Brockschmidt – Amerikas Gotteskrieger.