• Skip to main content
  • Skip to secondary menu
  • Skip to primary sidebar

  • Startseite
  • Recht Kurz
  • Aktuelles Heft
  • Ersti*Heft
  • Heft-Archiv
  • Über uns
  • Abonnieren
  • Autor*innenaufruf
  • Impressum

„Erziehung zu ‚Mut, Gegenrede und Widerständigkeit‘?“

Von Redaktion

Unter dem Titel „Erziehung zu ‚Mut, Gegenrede und Widerständigkeit‘?“ diskutierten Ronen Steinke, John Philipp Thurn, Martin Groß, Annette Weinke und Viktoria Moissiadis am 27. Oktober 2022 an der Humboldt-Universität zu Berlin Chancen und Herausforderungen der Auseinandersetzung mit dem NS-Unrecht in der juristischen Ausbildung. Ausgangspunkt war die im Jahr 2021 verabschiedete Änderung des § 5a des Deutschen Richtergesetzes (DRiG). Das DRiG regelt neben der Rechtsstellung der Richter:innen auch die juristische Ausbildung. Es schreibt ab 2021 in § 5a DRiG „die Vermittlung der Pflichtfächer (…) auch in Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht und dem Unrecht der SED-Diktatur“ vor.

In seiner Videokeynote warb der Jurist und Journalist Ronen Steinke dafür „den Raum für Zweifel einzufordern“. Gezweifelt werden solle nicht nur an vorliegenden Sachinhalten, sondern auch an sich selbst. Gerade Jurist:innen, die im Rechtsstaat die höchste Autorität darstellten, müssten sich besonders „selbst prüfen, selbst infrage stellen, mit sich ringen und dem Zweifel nicht ausweichen, den Zweifel nicht wegbürsten, wie etwas das stört, sondern den Zweifel geradezu suchen“. Am Jura-Studium kritisierte er, dass die Studierenden nicht lernen, dass die Justiz „niemals teilnahmslos am Rand steht“ und niemals unpolitisch ist. Selbst neutralste Gesetze könnten zur Rechtfertigung von Unrecht missbraucht werden.

Im Anschluss diskutierte das vierköpfige Podium, moderiert von John Philipp Thurn vom Forum Justizgeschichte e.V., wie der § 5a DRiG effektiv im Jurastudium umgesetzt werden könnte. Annette Weinke, Professorin für Neuere und Neueste Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, sah die Änderung des § 5a DRiG teilweise skeptisch. Zwar sprach sie sich für eine Förderung der Sensibilität und der Auseinandersetzung mit der Macht- und Willkürherrschaft der NS-Zeit aus, Kritik äußerte sie jedoch an der Umsetzung durch den Bundesgesetzgeber im DRiG. Wenn der Bundesgesetzgeber die Änderung der juristischen Ausbildung normiere, müsste dieser gleichzeitig auch die nötige Infrastruktur für die Umsetzung des § 5a DRiG an Universitäten und Gerichten ermöglichen. Zudem müsste die Auseinandersetzung mit dem Fortwirken des NS-Unrechts nach 1945 vermittelt werden und warum die juristische Aufarbeitung oft ausblieb oder durch Behörden und Justiz blockiert wurde.

Martin Groß, Präsident des Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamtes Berlin und Brandenburg, begrüßte die Gesetzesänderung und betonte die Wichtigkeit des Vorhabens. Konkrete Umsetzungsvorschläge, wie der Stoff im Rahmen der juristischen Pflichtfachprüfung geprüft werden könnte, machte er nicht. Für ihn gehöre die Auseinandersetzung insbesondere in die juristische Dogmatik und Methodenlehre. Studierende sollten lernen, juristische Meinungen und Argumente kritisch zu hinterfragen und „an den Ergebnissen zu zweifeln“ sowie zu lernen, welche Verantwortung Jurist:innen hätten.

Viktoria Moissiadis vom Podcast „Mal nach den Rechten schauen“, betonte, dass die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte auch ein Bogen in die Gegenwart spannen müsse. Rassismus, Antisemitismus, Sexismus oder andere menschenverachtende Ideologien müssten ebenfalls thematisiert werden. Der Rassismus in den Sicherheitsbehörden oder die anti-feministische Haltung, die sich in manchen juristischen Übungsfällen wiederfände, würden aktuell nicht oder nur unzureichend im Studium behandelt. Sie forderte, dass bei der Umsetzung des § 5a DRiG daher auch die Frage gestellt wird, was Studierenden und Referendar:innen aus der Vergangenheit für den Umgang mit gegenwärtigen Problemen lernen könnten.

Die Veranstaltung zeigte, dass hinsichtlich der konkreten Umsetzung in den Studienalltag noch viele Fragen offen sind. Deutlich stellte sich heraus, dass die Gesetzesänderung sowohl in der Studierendenschaft als auch aufseiten der Lehrenden auf Zustimmung stößt.

Die Veranstaltung wurde vom Teilprojekt des Forschungsprojekts „Struggling for Justice – Antisemitismus als justizielle Herausforderung“ an der HU Berlin, der Initiative „Palandt umbenannt: Initiative für eine kritische Erinnerungskultur in der Rechtswissenschaft“ und dem Podcast „Mal nach den Rechten schauen“ in Kooperation mit dem Forum Justizgeschichte e.V. organisiert. Die Alfred Landecker Foundation unterstützte die Veranstaltung finanziell.

Anknüpfend an die Veranstaltung arbeiten die Organisator:innen derzeit an einem Reader, welcher den Titel „Unter dem Deckmantel des Rechts“ trägt und Studierenden den Anlass geben soll, sich mit den politischen (Unrechts-)Dimensionen des Rechts auseinanderzusetzen. In dem Reader widmen sich mehrere Rechtswissenschaftler:innen in einzelnen Beiträgen Paragraphen und rechtlichen Meinungsstreitigkeiten, die nationalsozialistische Bezüge aufweisen. Beispiele sind etwa § 138 BGB, § 218 StGB oder auch Art. 3 Abs. 3 GG als Antwort auf den Nationalsozialismus und die Shoah. Der Reader wird im Wintersemester 2023/24 erscheinen.

Hier könnt Ihr die gesamte Veranstaltung in guter Videoqualität schauen: https://www.youtube.com/watch?v=je0q_rNz0YQ.

Redaktion

Kategorien: Sasu

Redaktion

Primary Sidebar

Schriftgröße anpassen

A Decrease font size. A Reset font size. A Increase font size.

Veröffentlicht im Heft

Copyright © 2025 · Log in