In welchem Zeitraum warst Du bei Forum Recht?
Das war von 1992 bis 1997.
Wie bist Du in die Redaktion gelangt?
Damals gab es in im Juristischen Seminar in Freiburg Regale mit aktuellen Zeitschriften, auf denen auch Forum Recht auslag. Ich habe die Arbeit, die hinter dem Heft steckt, bewundert. Hinzu kam ein sehr engagierter AKJ, der Veranstaltungen zu rechtskritischen Themen organisiert hat. Mich hat das Wissen jenseits des Jura-Mainstreams interessiert, und ich habe dann bei der Redaktion angefragt, ob ich mitmachen kann.
Wie habt Ihr in den 90ern organisatorisch-technisch gearbeitet?
Damals waren das Internet und E-Mails noch nicht so verbreitet, dass wir damit arbeiten konnten. Wir haben uns vier Mal im Jahr an einem Wochenende in unterschiedlichen Städten getroffen, um über die eingereichten Artikel zu diskutieren und die nächsten Hefte zu planen. Die Artikel wurden auf Diskette an die Redaktionsleitung geschickt und wir erhielten die Texte per Post. Sonderaufgaben bezogen sich auf das Layout, die Verantwortung für den Themenschwerpunkt eines Heftes und die Rubrik „Recht kurz“. Meistens haben zentrale Figuren der Redaktion, die ohnehin alle Fäden in der Hand hatten, die Diskussionsleitung übernommen; zwischendurch auch mal andere.
Welche Aufgaben hast Du in der Redaktion übernommen?
Ich habe ein paar Mal einen Heftschwerpunkt koordiniert, Beiträge fürs Heft geschrieben und ein Redaktionstreffen in Frankfurt organisiert. Ansonsten normale Redaktionsarbeit.
Mit welchen Themen hast Du Dich in Deinen Artikeln beschäftigt?
Mein erster längerer Artikel handelte vom ersten Mauerschützenprozess („Naturrecht und Rechtspositivismus. Eine rechtstheoretisch-rechtspraktische Betrachtung ausgehend vom sog. Ersten Mauerschützenprozeß“, Heft 3/1992). Ein anderer Artikel von mir wurde mehrfach nachgedruckt: „Dem Reich der Freiheit werb‘ ich Bürgerinnen. Ringen um Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen mittels des Rechts. Projekte und Vereinigungen von Juristinnen“, Heft 2/1993). Einmal bin ich nach Bonn gefahren und habe ein Interview mit Barbara Degen, der Gründerin des feministischen Rechtsinstituts, geführt („Völlig anderes Muster. Zur Gründung des feministischen Rechtsinstituts in Bonn“, Heft 2/1995). Ansonsten kürzere Sachen oder weniger spektakuläre.
Was hat die Arbeit bei Forum Recht für Dich bedeutet?
Ich habe unglaublich viel dabei gelernt, auf verschiedenen Ebenen: Das Agieren in einer Gruppe, Gesprächsverhalten, Diskussionsleitung, Durchsetzungsmöglichkeiten, neue Freundschaften und nicht zuletzt die Hauptsache: die Einarbeitung in neue Themen und kritische Perspektiven darauf. Ich entwickelte auch einen Blick für Layouts. Die größte Erfüllung fand ich darin, eigene Artikel zu schreiben, in der Recherche und in der Arbeit an der Sprache. Ich war sehr stolz darauf, in der Redaktion von Forum Recht zu sein, und ich war über jeden meiner Artikel überglücklich. Es wurde ein Teil meiner Identität.
Gibt es eine Erinnerung aus Deiner Zeit in der Redaktion, die Du als charakteristisch empfindest?
Bei einem Redaktionstreffen hatte ich einen Vorschlag zu etwas gemacht, der im weiteren Diskussionsverlauf übergangen wurde. Später formulierte ein Mann, nennen wir ihn X, den gleichen Vorschlag, und es hieß dann nur noch „der Vorschlag von X“. Jemand anderes stellte dann klar, dass es mein Vorschlag war. Es gab also schon ein Gerangel darum, wer die Lorbeeren für etwas einstecken durfte. Man lernt in einer Redaktion also auch, Aussagen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu machen und sie dramaturgisch so geschickt zu formulieren, dass sie ankommen.
Hat sich die Redaktionsarbeit auf Deinen Berufsweg ausgewirkt?
Auf jeden Fall. Ich wollte das Schreiben und die Arbeit mit der Sprache zu meinem Beruf machen, allerdings wollte ich nicht nur im juristischen Bereich schreiben, sondern auch Literatur (ein Kindheitstraum). Daraus geworden ist: einige Jura-Ausbildungs-Fachbücher fürs Erste und Zweite Staatsexamen (Arbeitsrecht, Familienrecht, Strafrecht, jeweils mit nicht sexistischen Fallbeispielen!), weitere juristische Fachbücher für andere Zielgruppen, Fachartikel im juristischen und im literarischen Bereich. Seit fast 20 Jahren Leitung der „Textwerkstatt II“ im Zentrum für junge Literatur in Darmstadt (im Frühjahr 2025 erscheint eine Anthologie mit einer Auswahl der interessantesten Texte aus 20 Jahren bei hochroth Heidelberg), ein Handwerksbuch zum Gedichte Schreiben und Veröffentlichen („Zwischen Handwerk und Inspiration“), zwei Gedichtbände („erinnerungen an einen rohstoff“ und „Häuser, komplett aus Licht“, beide im Poetenladen Verlag), Gedicht-Übersetzungen, Redaktionsarbeit und Lektorate, Bloggerin auf manafonistas.de (http://manafonistas.de/author/mawe345/) usw.
Mehr über meine literarische Arbeit: www.literaturport.de/MartinaWeber/.