Thomas Fischer, ehemaliger Richter am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs, nunmehr im vorzeitigen Ruhestand, hatte gegen die freie Journalistin Gaby Mayr Klage eingelegt. Fischer ist auch bekannt als Kolumnist für die Zeit mit „Fischer im Recht“, die zwar seit einiger Zeit beendet ist, jedoch verbreitet er seine Ansichten mittlerweile in einer Spiegel-Kolumne.
Am Dienstag, dem 10. September 2019 wurde seine Klage auf Unterlassung, Widerruf und Schadenersatz gegen die Journalistin vor dem Landgericht Karlsruhe verhandelt. Das Urteil erging am 27. September 2019.
Gegenstand von Fischers Klage waren diverse Berichterstattungen von Mayr zu § 219a Strafgesetzbuch (StGB): Eine lange Reportage im Deutschlandfunk vom 27. November 2018, in der es um Schwangerschaftsabbrüche und deren Tabuisierung geht und ein Artikel für die taz vom 05. Mai 2018, der die Rechtsprechung zu § 219a StGB behandelt. In beiden Arbeiten nimmt Mayr Bezug auf die Kommentierung des § 219a StGB in dem juristischen Kurzkommentar zum Strafgesetzbuch von Thomas Fischer, welcher von der 38. bis zur 49. Auflage von Herbert Tröndle geführt wurde und seit der 50. Auflage von Fischer betreut wird. Zu den Veröffentlichungen von Mayr äußerte sich Fischer daraufhin am 01. Juni 2018 auf meedia.de. In diesem Beitrag greift ein eingeschnappt wirkender Fischer in seiner gewohnt aggressiv-höhnischen Weise Mayr und ihre Berichterstattung an. Sie veröffentlicht daraufhin eine Replik, auch auf meedia.de. Ihre Antwort war ebenfalls Gegenstand der Klage von Fischer.
Das Urteil gab Fischer in drei von vier Punkten recht. Demnach darf Mayr nicht mehr schreiben oder sonst wie äußern, dass die Kommentierung von Herbert Tröndle zum Schwangerschaftsabbruch im Kommentarwerk des Klägers weiterleben würde. Auch muss sie die Äußerung unterlassen, dass der Einsatz des Strafrechtskommentars der beiden Juristen Herbert Tröndle und Thomas Fischer durch Staatsanwaltschaften und Gerichte im Zusammenhang mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch schlecht für die Rechtsprechung ist. Zuletzt darf Gaby Mayr nicht mehr feststellen, dass der Kläger an der Kommentierung zum Paragrafen 219a StGB auch in der 65. Aufl. von 2018 nichts verändert hat, außer der Rechtschreibung. Dem Unterlassen dieser drei Äußerungen wird außerdem noch der Widerruf der ersten und der dritten Aussage beiseitegestellt, die Mayr schriftlich gegenüber Fischer erklären muss. Auch dem Schadensersatzverlagen von Fischer wurde stattgegeben, die Höhe ist bisher noch nicht beziffert. Der Schaden mit dem Fischer seine Klage begründet, ist ein drohender Absatzeinbruch seines Kommentars durch die Äußerungen Mayrs.
Abgewiesen wurde die Klage von Fischer in Bezug auf die Äußerung Mayrs, dass Fischers Kommentar zu § 219a StGB auf grober handwerklicher Schlamperei beruhen würde – diese Aussage sei als Meinungsäußerung geschützt.
Die Be- und Empfindlichkeiten von Fischer sind schon seit längerem bekannt. Sobald sich jemand über ihn kritisch äußert, muss die Person damit rechnen, von ihm erwähnt zu werden – zumeist auf höchst unfreundliche und respektlose Weise. Zu Zeiten seiner Kolumne „Fischer im Recht“ wurden die Personen daraufhin regelmäßig Gegenstand seiner ironischen, polemischen und höhnischen Darstellungen. So macht sich Fischer in der Ausgabe vom 14. Februar 2017 mit dem Titel „Im Land der Dichter und Deuter“ unter anderem über den Spiegel-Redakteur Thomas Darnstädt lustig, der es in einem Spiegel-Artikel „Der Rocker“ vom 04. Februar 2017 gewagt hat, einen kritischen Blick auf Fischer zu werfen. Das hört sich dann in etwa so an: „Hat die Spiegel-Spürnase erst einmal eine These, dann hat sie die, da ist sie wie der Bloodhound.“1 Auch in der Kolumnenausgabe „Von verbotenen und erlaubten Worten“ vom 01. November 2016 fühlt sich Fischer ungerechtfertigt von Journalist*innen als „Hater“ bezeichnet und zerlegt verschiedene Aussagen von verschiedenen Journalist*innen in mühsamer Kleinstarbeit. Und in seiner Kolumne „Kleine Nachlese“ vom 05. Juli 2016 kommentiert er viele Leser*innenbriefe so süffisant und selbstherrlich, dass man staunen muss. Fischer hatte zuvor in der Kolumne „Zum letzten Mal: Nein heißt Nein“ vom 28. Juni 2016 seine Meinung zur Änderung des Sexualstrafrechts kundgetan. Daraufhin hatte er von vielen verschiedenen Leser*innen Post erhalten, die unter anderem seine Wortwahl kritisierten, die Art und Weise wie er über das Thema schrieb und die ihm Sexismus und Antifeminismus vorwarfen. So etwas kann ein Fischer natürlich nicht stehen lassen. Eine Person, die in der Öffentlichkeit kritisiert wird, darf gerne falsche Äußerungen berichtigen und ihre Ansicht der Geschehnisse darlegen. Was Fischer in seiner Kolumne „Kleine Nachlese“ am 05. Juli 2016 macht und auch im meedia-Artikel vom 01. Juni 2018, ist nichts anderes als „Giftspritzerei“ – wie Mayr Äußerungen von Fischer auch schon bezeichnet hat.
Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses sieht es so aus, als dass Mayrs Anwalt Gernot Lehr Berufung gegen die Unterlassungsanordnungen zu den Äußerungen bezüglich Herbert Tröndle einlegen wird. Gut vorstellbar scheint auch, dass Fischer die Streitigkeit fortführen möchte, schließlich darf Mayr seine Arbeit zu § 219a StGB weiterhin als grobe handwerkliche Schlamperei bezeichnen. Die Aussichten stehen also gut, dass das Verfahren weitergeht. Bleibt abzuwarten, ob die nächste Instanz die Sache anders bewerten wird oder Fischer immer im Recht ist.